Italien:Zeitung will Berlusconi verklagen

Die italienische Zeitung La Repubblica enthüllt täglich Neues über Berlusconis Privatleben. Der Premier rief darauf zum Anzeigen-Boykott auf - nun folgt die Klage des Verlags.

Zwei Wochen vor dem G-8-Gipfel in den Abruzzen steht Silvio Berlusconi innenpolitisch zunehmend unter Druck.

Italien: Die ZeitungLa Repubblicawill ihn verklagen - doch dank eines neuen Gesetzes ist Silvio Berlusconi vor strafrechtlicher Verfolgung geschützt.

Die Zeitung

La Repubblica

will ihn verklagen - doch dank eines neuen Gesetzes ist Silvio Berlusconi vor strafrechtlicher Verfolgung geschützt.

(Foto: Foto: AFP)

Der Verlag L'Espresso will den Ministerpräsidenten gerichtlich belangen, weil er Unternehmer aufgefordert hatte, keine Anzeigen mehr in der zum Konzern gehörenden Zeitung La Repubblica zu buchen. Die Anwälte des Konzerns seien bereits eingeschaltet, teilte L'Espresso mit. Daraufhin legte die Aktie des Medienkonzerns an der Mailänder Börse um fast neun Prozent zu.

La Repubblica hat einen erheblichen Anteil an den jüngsten Enthüllungen über Berlusconis Privatleben. Bei einem Treffen mit jungen Unternehmern in Ligurien regte der Regierungschef daraufhin vor knapp zwei Wochen einen Anzeigenboykott gegen die zweitgrößte Zeitung des Landes an, der er staatsgefährdende Machenschaften vorwarf.

Auf die drohende Klage des Mutterhauses reagierte der 72-jährige Regierungschef unterdessen gelassen. "Sie haben keine Angst sich lächerlich zu machen", sagte er der Nachrichtenagentur Ansa.

Er bekräftigte, "man muss schon masochistisch veranlagt sein, um seine Werbung Medien anzuvertrauen, die solange von Krise reden, bis sie selbst zum Krisenfaktor werden." In seinem Amt als Ministerpräsident ist Berlusconi Dank eines neuen Gesetzes vor strafrechtlicher Verfolgung geschützt.

Auch die Diskussion um Berlusconis Kontakte zu Prostituierten geht in eine neue Runde. Der italienische Ministerpräsident wies die Darstellung einer Prostituierten in der Zeitung Corriere della Sera zurück, dass sie 1.000 Euro erhalten habe, um im Oktober 2008 an einer Party in der römischen Residenz des Regierungschefs teilzunehmen. Am 4. November habe sie dort auch die Nacht verbracht.

Er habe nie eine Frau bezahlt, sagte der 72-Jährige dem Magazin Chi, das in seinem Verlagshaus Mondadori erscheint. "Es gibt nichts in meinem Privatleben, wofür ich mich entschuldigen müsste."

Die Prostituierte Patrizia D'Addario erklärte jedoch, sie könne beweisen, dass sie die Nacht im Haus Berlusconis verbracht habe. Staatsanwälte untersuchten Fotos, die D'Addario vom Schlafzimmer Berlusconis gemacht haben will, sowie angebliche Aufzeichnungen von Telefongesprächen zwischen beiden.

Die Serie von Schmuddelgeschichten über den Ministerpräsidenten stößt in konservativen Kreisen auf wachsenden Unwillen. "Es muss Grenzen geben", schrieb jetzt das einflussreiche katholische Magazin Famiglia Cristiana, das in Kirchen im ganzen Land verteilt wird. "Diese Grenzen des Anstands sind überschritten worden." Die Inhaber politischer Macht könnten nicht beanspruchen, "sich in einem ethik-freien Territorium zu befinden".

Politisch haben Berlusconi die Vorwürfe bisher kaum geschadet. Seine Partei Volk der Freiheit schnitt bei der Europa- und der Regionalwahl besser als erwartete ab. Anfang Juli ist Berlusconi Gastgeber eines Gipfeltreffens der sieben führenden Industrienationen und Russlands (G8).

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