Italien:Ungeschützt

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Der rechte Innenminister Salvini und der linke Autor Saviano tragen ihre Verachtung jetzt sogar vor Gericht aus. Der Politiker wehrt sich gegen den Vorwurf, er helfe der Mafia.

Von Oliver Meiler

Matteo Salvini und Roberto Saviano werden wohl nie Freunde sein. Italiens sehr rechter Innenminister und der linke Autor des Weltbestsellers "Gomorrha" tragen ihre Verachtung nun sogar vor Gericht aus, auf Initiative Salvinis. Dieser hat Saviano wegen Verleumdung angeklagt, mit Briefpapier aus dem Innenministerium. Er lasse sich alle Kritik gefallen, twitterte er, "doch ich erlaube es niemandem zu sagen, ich helfe der Mafia".

Vor einem Monat hatte der Streit eine neue Stufe erreicht. Salvini sagte, kaum war er Minister geworden, man müsse prüfen, ob Saviano den Polizeischutz noch benötige, den ihm der Staat auf Kosten der Steuerzahler zur Verfügung stelle. Seit zwölf Jahren macht Saviano, bedroht von den Bossen der Camorra, der neapolitanischen Mafia, keinen Schritt ohne Leibwache. Schon oft sagte er, er verdamme den Tag, an dem er beschloss, gegen die Camorra anzuschreiben. Sein Leben sei zum Gefängnis verkommen.

Mit seiner Aussage, er lasse die Notwendigkeit des Personenschutzes für Saviano prüfen, stellte Salvini alles infrage: Rolle, Redlichkeit und Zivilcourage des Autors. Der antwortete auf Facebook. Darin nannte er Salvini einen "Minister der Unterwelt", weil sich der im kalabrischen Rosarno wählen gelassen habe, ohne je kritisch über die dortige Mafia, die 'Ndrangheta, gesprochen zu haben. Bei Salvinis Wahlkampfauftritten sollen auch bekannte Figuren aus dem Milieu gewesen sein. Dagegen geht Salvini vor. Die Aussagen verletzten Ehre und Ansehen des Klagenden und des Innenministeriums. Saviano antwortete in einem Interview, er lasse sich nicht einschüchtern, werde Salvini auch künftig einen "Minister der Unterwelt" nennen. Mit dem Absender des Ministeriums wolle er nur Angst verbreiten. "Mit dem Briefkopf des Ministeriums richtet diese sogenannte Regierung des Wandels aus, dass sie keinen Dissens zulässt, dass sie jene verfolgt, die eine andere Meinung haben."

Saviano rief zum Widerstand gegen das populistische Kabinett auf. "Wer diese ständigen Lügen nicht mehr erträgt, muss sie zerlegen, zu Hause am Esstisch, im Büro, im Bus, im Fitnessklub, überall. Finden wir zurück zu unserem Stolz", sagte der Schriftsteller. Kommt es tatsächlich zum Prozess Salvini versus Saviano, stehen sich stellvertretend zwei Gesichter Italiens gegenüber.

© SZ vom 21.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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