Am 19. Juni wäre er wieder auf freiem Fuß gewesen, die Haftstrafe, die der 36 Jahre alte Algerier in der apulischen Hafenstadt Bari wegen des Gebrauchs gefälschter Ausweise absitzt, hat er dann verbüßt. Doch am Montag wurde bekannt, Athmane T. ist wohl kein kleiner Ganove: Die für Terrorismus und Mafia zuständigen Staatsanwälte in Bari haben einen neuen Haftbefehl für ihn erlassen. Sie halten ihn für einen Helfer der islamistischen Terroristen, die am 13. November 2015 in Paris schrecklich zuschlugen. Bei ihren Angriffen auf das Theater Bataclan, das Stade de France und mehrere Lokale wurden 130 Menschen getötet, fast 700 verletzt.
Athmane T. wollte sich vermutlich unter Migranten mischen, die in Italien auf Aufnahme warteten. Er befand sich in einem Aufnahmezentrum in Bari, als Polizisten den gefälschten Ausweis entdeckten, festgenommen wurde er im Mai 2019. Der falsche Ausweis, den T. nutzte, um sich illegal im Schengen-Raum zu bewegen, handelte ihm nicht nur zwei Jahre Haft ein, er brachte die Ermittler auf die Spur, dass er IS-Terrorist sein könnte.
Der Verdacht der Staatsanwälte in Bari, der auch auf internationaler Zusammenarbeit beruht: Mit zwei Brüdern und teils nicht identifizierten Komplizen soll Athmane T. einer IS-Zelle angehört haben, die vor allem für die falschen Papiere der Terroristen sorgte. Die Terrorzelle war demnach tätig in Italien, Algerien, Frankreich, Belgien, Spanien und Syrien. Die Brüder T., so sagten die Ermittler in Bari, hätten die Fälscherwerkstatt terroristischer Gruppen betrieben.
Bari gilt als Drehscheibe des islamistischen Terrorismus
"Catalogue" nannte sich bezeichnenderweise das belgische Netzwerk, dem T. und seine Brüder angehört haben sollen. Es stattete den Ermittlern zufolge alle Beteiligten der Anschläge vom 13. November mit Papieren aus. Die Polizei habe bei einem Bruder T.s in Paris eine Tasche des nun Verhafteten gefunden, darin falsche und gestohlene Ausweise, Handys sowie 329 Fotos und Videos mit islamistischen Inhalten.
Angefangen hätten die Brüder T. offenbar wie viele, die zum Terrorismus gelangten. Sie seien in Brüssel wegen Taschendiebstählen aufgefallen, ehe sie sich radikalisiert hätten und in Verbindung mit Mitgliedern von Dschihadisten- und internationalen Terrorgruppen getreten seien. Seit 2010 waren sie demnach in Kontakt mit Männern, die als zentrale Figuren von Terrorattacken in Paris gelten, darunter die Anschläge im Januar 2015 auf einen jüdischen Supermarkt und auf die Redaktion von Charlie Hebdo - und die Anschlagsserie vom 13. November 2015.
Zwischen Sporn und Absatz des italienischen Stiefels gelegen, liegt Bari der Balkanhalbinsel gegenüber, Griechenland ist nicht weit. Das scheint die Hafenstadt auch zu einer Drehscheibe des islamistischen Terrorismus zu machen, so jedenfalls der amtierende Oberstaatsanwalt von Bari, Roberto Rossi: "Bari ist zweifellos eine Durchgangsstelle", sagte er am Montag, viele Attentäter hätten sie benutzt. Bari werde zentral für das juristische Vorgehen gegen Terrorismus. Denn, so Rossi, "alle, die aus Kriegsregionen und Gebieten kommen, die von Terrorgruppen beherrscht werden, müssen aus logistischen Gründen Bari passieren, um andere europäische Länder zu erreichen".