Süddeutsche Zeitung

Italien:Schwer angreifbar

Zuletzt waren viele in dem Land von der mangelnden Solidarität der Europäer sehr enttäuscht. Umso mehr überrascht nun Merkels und Macrons Plan die EU-Gegner in Rom - damit hatten sie nicht gerechnet.

Von Oliver Meiler

Triumphieren mag niemand, doch die Genugtuung ist schon groß. In Rom ist man überzeugt, dass es dem unermüdlichen Drängen aus dem stark getroffenen Italien zu verdanken ist, dass sich Deutschland und Frankreich zu einem großen Plan für den Aufbaufonds durchringen konnten. Der sei ein "guter Start" und "finanziell noch ausbaubar", hieß es aus dem Palazzo Chigi, dem Sitz des Ministerpräsidenten. Die gute Nachricht hatte Premier Giuseppe Conte offenbar am Montagmorgen in Form einer SMS aus dem Élysée erreicht, er spazierte gerade durch das wiedererwachende Rom.

Aus Sicht des hoch verschuldeten Italien ist vor allem wichtig, dass die Milliarden, die dann fließen würden, keine neuen Kredite wären, die man zurückzahlen müsste. Sondern Zuschüsse ohne Rückerstattungspflicht. Die antieuropäische, oppositionelle Rechte wird von diesem Ansinnen auf dem falschen Fuß erwischt. Europäische Solidarität in solch massivem Ausmaß, so sie am Ende zustande kommt, steht quer zu ihrem Narrativ. Ihr Frontmann Matteo Salvini mochte dann auch nur darüber klagen, dass "Merkel und Macron nur eine Pressekonferenz gegeben haben".

Tatsächlich wäre es Conte lieber gewesen, wenn er den Plan zusammen mit den beiden Partnern hätte vorstellen können - im Trio, Achse plus gewissermaßen. Das hätte sich politisch noch besser gemacht; in Italien ist das Vertrauen in die EU zuletzt dramatisch geschrumpft. 100 Milliarden Euro aus dem Topf rechnen sich die Italiener nun aus, zumal wenn der vielleicht noch üppiger gefüllt würde als vorgesehen. Premier Conte spricht neuerdings viel öfter von Green Economy und Digitalisierung, als wollte er sein Land qualifizieren für das viele Geld zum Wiederaufbau.

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Quelle:
SZ vom 20.05.2020
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