Ein Gerichtsurteil kommentiert man nicht, sagen die Italiener, als wäre das Wort eines Richters sakrosankt. Das ist es natürlich nicht, und so wird dann doch fast immer genüsslich kommentiert. Doch selten gab ein Urteilsspruch so viel zu reden wie der im Fall von Domenico "Mimmo" Lucano, dem früheren Bürgermeister der kleinen und weltberühmt gewordenen Gemeinde Riace in Kalabrien, 63 Jahre alt. Alle debattieren mit, Politiker, Intellektuelle, linke und rechte Richter, aufgebrachte Freunde Lucanos und schadenfreudige Gegner. Vor ein paar Tagen hat das Tribunal in Locri den linken Aktivisten und Begründer des "Modello Riace", des einst gefeierten Integrationsmodells, in erster Instanz zu 13 Jahren und zwei Monaten Gefängnis verurteilt.
Italien:"Innerlich bin ich gerade gestorben"
Lesezeit: 4 min
"Und jetzt verurteilt man mich, als wäre ich ein Mafioso", sagt Domenico "Mimmo" Lucano.
(Foto: Salvatore Cavalli/AP)Sein Einsatz für Geflüchtete im kalabrischen Riace wurde vom Papst gewürdigt und von den Medien gefeiert. Nun ist Domenico "Mimmo" Lucano zu mehr als 13 Jahren Haft verurteilt worden. Die Geschichte eines Dilemmas und einer fatalen Überzeichnung.
Von Oliver Meiler
SZ-Plus-Abonnenten lesen auch:
Gesundheit
»Das Herpesvirus CMV ist die häufigste infektiöse Ursache für Fehlbildungen bei Kindern«
Russland
"Frieden und Frieden und Frieden"
Gesundheit
Wann es richtig ist, den Rettungsdienst zu rufen
Anorexie
Sie wollte leben, aber nicht essen
Historiker im Interview
"Die Entscheidung wird im Kampf um die Krim fallen"