Italien: Premier abgestraft:Risikofaktor Berlusconi

Er wird immer unkontrollierbarer und könnte zur Last für seine Partei werden: Bei den Kommunalwahlen verliert das Lager von Silvio Berlusconi selbst ehemalige Hochburgen, weil der Premier nicht auf die Warner in den eigenen Reihen hören wollte. Die Nachfolgediskussion hat begonnen.

Andrea Bachstein, Rom

Die Ohrfeigen, die der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi bei den Kommunalwahlen im Norden und Süden eingesteckt hat, müssen ihm weh tun. Sie zeigen, dass er sich nicht mehr auf sein Gespür für die Stimmung der Wähler verlassen kann. Und er hat seinen Nimbus eingebüßt, ein Garant für Wahlsiege zu sein, der mit seinem Charisma stets alles für sich drehen kann.

Italy's Prime Minister Berlusconi attends a joint news conference with Romania's Prime Minister Boc at Victoria Palace in Bucharest

Die Niederlagen der PDL-Kandidaten in Mailand und Neapel muss Berlusconi auch als seine eigenen begreifen.

(Foto: REUTERS)

Natürlich sind auch in Italien Kommunalwahlresultate nicht eins zu eins auf Parlamentswahlen umzurechnen. Das gilt für das nun frohlockende Mitte-links-Lager genauso wie für die abgestrafte PDL Berlusconis. Die spezifischen Themen der Lokalpolitik und die Bürgermeisterkandidaten haben ihr eigenes Gewicht. Aber weil der Premier besonders in Mailand und Neapel die Abstimmung zum Plebiszit über sich erklärt hat, muss er nun auch die Niederlage als seine begreifen.

Er hat nicht auf die Warner in seiner eigenen Partei gehört, und auch nicht auf die seines Koalitionspartners Lega Nord, die ahnten, dass er zum Risikofaktor geworden ist. Die Absetzbewegungen in PDL und Lega sind unübersehbar. Die Einsicht wächst dort, dass der immer unkontrollierbarere Berlusconi sich künftig als Last erweisen könnte. Und nicht alle bisher Getreuen wollen sich in weitere Niederlagen ziehen lassen.

Die Nachfolgediskussion, die der Premier trotz seiner 74 Jahre bisher vermied, hat schon begonnen. Im Parlament hat er sich mit einer wild zusammengewürfelten Truppe jüngst wieder eine Mehrheit gezimmert. Nicht auszuschließen, dass die unter dem Eindruck der Kommunalwahl wieder zu zerbröckeln beginnt. Erst dann könnte der Premier am Ende tatsächlich über Bürgermeisterwahlen stürzen.

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