Süddeutsche Zeitung

Italien:Berlusconi verzichtet auf Kandidatur für italienische Präsidentschaft

Offenbar konnte der ehemalige Ministerpräsident vorab nicht genügend Wahlleute für die Abstimmung für sich gewinnen.

Silvio Berlusconi hat seine Kandidatur für das Amt des Staatspräsidenten in Italien aufgegeben. Der ehemalige Ministerpräsident ließ auf einem virtuellen Spitzentreffen der Mitte-Rechts-Parteien am Samstagabend mitteilen, dass er sich aus dem Rennen um die höchste politische Position zurückziehe. Der Parteichef der Forza Italia sei bei der Videoschalte gar nicht selbst dabei gewesen und habe seine Entscheidung verlesen lassen, hieß es.

Der 85 Jahre alte Politiker hatte zuletzt intensiv versucht, genug Wahlleute für die am Montag beginnenden Abstimmungen für sich zu gewinnen. Experten und politische Beobachter gingen allerdings davon aus, dass Berlusconi - der immer noch mit Prozessen im Zusammenhang mit seinen berühmt-berüchtigten "Bunga Bunga"-Sexpartys vor mehr als einem Jahrzehnt zu tun hat - wohl kaum die nötige breite Unterstützung für einen Wahlsieg bekommen würde. Nun fordere der viermalige Regierungschef einen gemeinsamen Vorschlag für einen Kandidaten von den rechten Parteien Forza Italia, Lega und Fratelli d'Italia.

Lega-Chef Matteo Salvini sagte, nun habe Mitte-Rechts "die Ehre und Verantwortung, seine Vorschläge zu machen". Zuletzt galt Ministerpräsident Mario Draghi als Favorit auf die Wahl - Berlusconi aber drängt darauf, dass Draghi auf seiner aktuellen Position bleibe. Auch andere Parteichefs sind gegen einen Wechsel des früheren EZB-Chefs. Denn sollte er gewählt werden, müsste inmitten der Corona-Pandemie ein neuer Chef für die Einheitsregierung gefunden oder die Parlamentswahl um ein Jahr vorgezogen werden.

Das Parlament in Rom kommt am 24. Januar zur Wahl eines neuen Staatsoberhauptes zusammen. Es gibt keine offiziellen Kandidaten. Die Parteichefs versuchen aber in der Regel, einen für die jeweiligen Seiten akzeptablen Kandidaten auszuhandeln. Die Wahl in geheimer Abstimmung dauert dennoch oft mehrere Tage.

Das Staatsoberhaupt in Italien wird für eine Amtszeit von sieben Jahren gewählt und hat wie in Deutschland weitgehend repräsentative und formale Aufgaben. Das Amt ist in den vergangenen Jahren aber immer wichtiger geworden. So musste Amtsinhaber Sergio Mattarella mehrfach eingreifen, um in politischen Krisen zu vermitteln.

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