Italien:Parlament erlaubt Festnahme von Berlusconi-Kollegen

Der italienische Regierungschef kommt aus dem Ärger mit der Justiz nicht heraus: Nun erkannte das Parlament in Rom einem von Berlusconis Parteifreunden die Immunität ab. Der Abgeordnete, gegen den wegen Erpressung ermittelt wird, kann jetzt in Untersuchungshaft genommen werden. Besonders heikel: Auch Berlusconis Koalitionspartner stimmte gegen ihn.

Der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi hat einen weiteren politischen Rückschlag hinnehmen müssen: Die Mehrheit im Unterhaus stimmte am Mittwoch dafür, die Festnahme eines Parteikollegen des Regierungschefs zu erlauben, gegen den im Zusammenhang mit einem Korruptionsskandal in Neapel ermittelt wird.

Jetzt kann die ermittelnde Staatsanwaltschaft den Abgeordneten Alfonso Papa in Untersuchungshaft nehmen. Ihr Vorwurf gegen Papa lautet, gemeinsam mit anderen die geheime Organisation P4 gegründet zu haben, die mit Insider-Kenntnissen ranghohe Personen aus Politik und Wirtschaft erpresst haben soll, um sich Posten und Aufträge zu sichern.

Abgeordnete in Italien können per Gesetz nicht festgenommen werden, jedoch kann das Unterhaus diese Regelung aufheben. Berlusconi hatte sich bis zuletzt gegen diese Befugnis gestemmt. Für die Entziehung der Immunität stimmten am Mittwoch 319 Abgeordnete, 293 waren dagegen. Besonders heikel: Auch der PDL-Koalitionspartner, die rechtsgerichtete Lega Nord, votierte für die Maßnahme. Damit wird die von Ministerpräsident Berlusconi geführte Koalition erneut auf eine Probe gestellt.

"Die Regierung hat keine Mehrheit mehr", sagte der Chef der größten Oppositionspartei PD, Pierluigi Bersani, nach der Abstimmung. Seit den Wahlniederlagen im Mai und Juni läutet die Linke das Ende der Ära Berlusconi ein.

Der Premier, der sich vor der Abstimmung noch optimistisch zeigte, habe mit der Faust auf den Tisch gehauen und dann das Parlament kommentarlos verlassen. Der innenpolitisch angeschlagene Regierungschef - selbst noch in vier Verfahren auf der Anklagebank - kann alles andere als weitere Justizskandale gebrauchen.

Zudem dürfte er, angesichts weiterer Risiko-Kandidaten in seiner Partei, das Abstimmunmgsverhalten der Lega als Drohung auffassen. So soll der ehemalige Berater von Wirtschaftsminister Giulio Tremonti, Marco Milanese, ebenfalls Mitglied der P4 gewesen sein. Gegen Landwirtschaftsminister Francesco Saverio Romano soll außerdem ein Prozess wegen Begünstigung der Mafia eröffnet werden. Der Sizilianer war von Berlusconi erst im März ernannt worden.

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