Süddeutsche Zeitung

Italien: Kampf gegen die Mafia:Schlag gegen die Hydra

Hunderte Verdächtige festgenommen, Millionen Euro beschlagnahmt: Italiens großer Anti-Mafia-Coup gelingt zu einem innenpolitisch spannenden Zeitpunkt - doch ob er die 'Ndrangheta wirklich schwächt, bleibt vorerst unklar.

Andrea Bachstein, Rom

Die italienischen Mafia-Jäger können einen großen Erfolg vermelden. Mehr als 300 Angehörige oder Komplizen der 'Ndrangheta wurden festgenommen. Kriminell erworbenes Vermögen im Wert vieler Millionen Euro wurde beschlagnahmt.

Wie sehr Struktur und Finanzkraft die kalabrische Mafia auf Dauer getroffen sind, lässt sich nicht abschätzen. Die Organisation ist längst nicht nur in Italien, sondern in der globalisierten Welt etabliert. Und oft genug haben die 'Ndrangheta und ihre Schwesterorganisationen sich als Hydra-Monster erwiesen, denen nach jedem Schwertstreich neue Glieder gewachsen sind.

Der große Coup der Anti-Mafia-Behörden gelingt zu einem innenpolitisch spannenden Zeitpunkt. Italiens Regierung versucht derzeit, das Paket der Abhörgesetze fertigzustellen. Sie sind heftig umstritten, selbst im eigenen Lager. Immer wieder haben die höchsten Anti-Mafia-Staatsanwälte und -Richter gewarnt, dass die Gesetze ihre Arbeit erschweren würden.

Bei Mafia-Delikten gibt es nicht viele auskunftsfreudige Zeugen. Ermittlungen sind deshalb ohne langwierige Abhöraktionen fast unmöglich. Das neue Gesetz soll sie zeitlich befristen, Mikrofone dürften nur noch unter speziellen Bedingungen angebracht werden.

Man kann sicher sein, dass die Staatsanwälte mit dem Termin für ihre Operation nicht primär das Parlament beeinflussen wollten. Dennoch wird der Schlag gegen die 'Ndrangheta dort Eindruck hinterlassen. Denn auch die Politik ist gespalten: Zwar ünterstützt die Regierung die Arbeit der Mafia-Jäger nicht immer und duldet in ihren Reihen sogar Mafia-Verdächtige. Mit Fahndungs-Erfolgen gegen die Verbrecher schmückt sie sich trotzdem gern.

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Quelle:
SZ vom 14.07.2010/jab
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