Süddeutsche Zeitung

Italien:Der Chef der Cinque Stelle tritt zurück

Luigi Di Maio gibt vor Regionalwahlen den Vorsitz der schwächelnden Partei ab, bleibt aber Außenminister.

Von Andrea Bachstein

Wie schlechter Zement war der Zusammenhalt in Italiens Fünf-SterneRegierungspartei seit Monaten weggebröckelt, am Mittwoch nun ist Luigi Di Maio als politischer Führer der Cinque Stelle (M5S) zurückgetreten. Der 33-Jährige bleibt aber weiter Außenminister in der Koalitionsregierung mit dem sozialdemokratischen PD. Der parteilose Premierminister Giuseppe Conte äußerte in Rom, es könne zwar ein paar Turbulenzen geben, aber die Regierung bleibe stabil.

Die "schlimmsten Feinde" seien im Inneren der Partei zu finden, sagte Di Maio am Abend. Er stand seit Längerem innerparteilich unter Beschuss, der Schritt kommt daher nicht überraschend. Am Sonntag wählen die Regionen Emilia-Romagna und Kalabrien - auf Erfolge können die Fünf Sterne weder da noch dort hoffen. Schon bei vorigen Regionalwahlen schnitten sie schlecht ab und rangieren landesweit in Umfragen bei 15 Prozent - weniger als die Hälfte im Vergleich zur Parlamentswahl 2018. Aus ihr ging M5S mit 32,7 Prozent als stärkste Kraft hervor.

Bereits bei der Europawahl im Mai 2019 stürzten die Sterne aber auf rund 17 Prozent ab. Der Niedergang wird auch Di Maio angelastet. Dieser, so berichtete La Repubblica, habe Mitarbeitern gesagt, er sei erschöpft, enttäuscht und wütend, was die Partei angehe, die er seit 2017 offiziell führte. Die von dem Komiker Beppe Grillo gegründete Bewegung M5S ringt mit ihrer Identität, seit sie ins Parlament einzog, aber vor allem seit sie mitregiert. Sie war im Protest gegen die etablierten Parteien einig gewesen, weder links noch rechts definiert, und sie lehnte jede Koalition ab. Nach der Wahl 2018 bildete sie jedoch ein Regierungsbündnis mit der rechtspopulistischen Lega, Di Maio und deren Chef Salvini waren Vize-Premiers. Einige ihrer Ziele waren von Anfang an unvereinbar, und der lautstarke Salvini spielte Di Maio an die Wand. Im Sommer 2019 verließ Salvini mit der Lega die Regierung, die Fünf Sterne bildeten eine Koalition mit dem PD. Es war der einzige Weg, Neuwahlen zu umgehen.

Doch der Bündniswechsel beschädigte intern wie extern die Glaubwürdigkeit der Sterne und vor allem Di Maios. PD und M5S hatten sich bis dahin erbittert bekämpft, bei beiden war und ist die gemeinsame Regierung umstritten. Mangels inhaltlicher Kompetenz konnte Di Maio als Minister, erst für Wirtschaft, dann für Äußeres, auch nicht an Statur gewinnen. Beim M5S hielt er die verschiedenen Richtungen immer weniger zusammen; Versuche, Stärke zu zeigen, gerieten zu Schwächebeweisen und wurden als selbstherrlich kritisiert. Anders als Di Maio tendiert ein Teil der Sterne inzwischen dazu, sich weiter links zu positionieren.

Nicht zuletzt rückte Sterne-Gründer und Übervater Beppe Grillo von ihm ab. Die Sterne-Fraktionen in Senat und Abgeordnetenhaus in Rom verloren seit der Wahl mehr als 30 Parlamentarier. Ein Teil sprang ab, einige wurden ausgeschlossen, nach M5S-Statuten reichen dazu falsche Meinungen. Bis März soll Vize-Innenminister Vito Crimi die Sterne führen, dann wollen sie sich neue Statuten und eine neue, vermutlich mehrköpfige Führung geben.

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SZ vom 23.01.2020/kit
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