Süddeutsche Zeitung

Italien: Berlusconi und Fini:Scheidung auf italienisch

"Ich fühle mich befreit", sagt Silvio Berlusconi nach dem Zerwürfnis mit dem Verbündeten Gianfranco Fini. Dabei hat er dadurch seine Partei zum hörigen Wahlverein degradiert - dessen politische Zukunft in Gefahr ist.

Andrea Bachstein

"Ich fühle mich befreit, wie nach der Scheidung von Veronica", soll Silvio Berlusconi seinen Bruch mit Gianfranco Fini kommentiert haben. Die beiden haben politisch wirklich nicht mehr gut harmoniert, und zunächst hat Berlusconi gezeigt, wer Herr im Hause ist. Aber ob ihm und der Regierungspartei PDL die Trennung von Parteimitgründer Fini langfristig guttun wird, ist eine von vielen Fragen am Tag danach.

Nicht nur muss sich Berlusconi auf wacklige statt satter Mehrheiten im Parlament einstellen. Er hat praktisch auch entschieden, dass die PDL weitermacht als ihm höriger Wahlverein - und keine Partei wird mit demokratischen Strukturen und Entscheidungswegen, wie Fini es will.

Berlusconi hat denjenigen die Tür gewiesen, die sich in der Partei für Legalität und Verfassungstreue schlagen. Süffisant soll Fini angemerkt haben, der Parteichef behalte lieber jene, die Ärger mit Staatsanwälten haben. Auch das könnte sich rächen, denn das Image von Partei und Regierung wird leiden, falls sie weitere Amtsträger verliert, die Probleme mit der Justiz haben.

Ein "Vietnam"?

Mit Blick auf Fini bleiben ebenfalls Fragen offen. Seine Leute im Parlament würden loyal zur Regierung bleiben, sagt er. Und fügt hinzu: aber nur, wo sich das mit dem Allgemeinwohl verträgt. Zu Berlusconis wichtigsten Vorhaben gehören umstrittene Justizreformen. Schon bisher hat sich hier Finis Flügel quergelegt.

Wie eng werden die Grenzen der Loyalität also künftig sein? Wird das Mitte-Rechts-Lager "ein Vietnam" werden, wie manche nun prophezeien? Und wird Fini wieder eine eigene Partei gründen? Sicher scheint nur, dass Italien ein bewegter Herbst bevorsteht. Im Frühjahr könnten Wahlen folgen.

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Quelle:
SZ vom 31.07.2010/jab
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