Italien: Berlusconi und die Frauen:"Sie sehen alle gleich aus"

Italiens Premier Berlusconi ist wegen seiner "Leidenschaft" für junge Frauen wieder in Bedrängnis: Die Mailänder Justiz will ihn wegen Amtsmissbrauchs anklagen. Seine angeblichen Affären sind in Europa Dauerthema - und schaden dem Image Italiens im Ausland.

Die Bilder

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Momentan steht sie im Mittelpunkt  des Interesses: Die 18 Jahre alte Karima El Marough, besser bekannt als "Ruby Rubacuori" (Ruby Herzensräuberin). Die gebürtige Marokkanerin hat zugegeben, bei mehreren Parties in den Villen von Premierminister Silvio Berlusconi dabei gewesen zu sein. Sie hat auch eingeräumt, dass sie Bargeld von ihm bekommen hat - allerdings bestreitet sie ebenso wie der 74-jährige Politiker, dass es zu sexuellen Kontakten kam. Die Mailänder Staatsanwaltschaft ist hier anderer Meinung: Sie hat ein Schnellverfahren gegen Berlusconi beantragt, dem die Richterin Cristina Di Censo stattgeben hat. Die Anklagepunkte lauten auf Begünstigung von Prostitution mit Minderjährigen und Amtsmissbrauch. Ab 6. April muss sich Berlusconi vor Gericht verantworten.

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Die Staatsanwälte werfen Berlusconi vor, er habe durch einen Anruf beim Mailänder Polizeichef Pietro Ostuni dafür gesorgt, dass Ruby die Wache verlassen konnte. Ihr war zuvor ein Diebstahl vorgeworfen worden. Berlusconi hatte Ostuni gesagt, bei dem Mädchen handele es sich um eine Nichte des ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak. Als immer mehr Details über die nächtlichen Feiern in seinen Villen bekannt wurden, erklärte Berlusconi: "Eine Leidenschaft für schöne junge Frauen ist besser als schwul zu sein."

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Eine wichtige Rolle rund um die Rubygate-Affäre spielt die 1984 geborene Nicole Minetti. Die Abgeordnete des Regionalparlaments hatte Ruby um zwei Uhr morgens - nach Berlusconis Anruf beim Polizeichef - vor dem Präsidium abgeholt. Vor dem Beginn ihrer Karriere als Lokalpolitikerin hatte die Zahnhygienikerin das Gebiss des Ministerpräsidenten wieder in Ordnung gebracht, nachdem dieser mit einem Modell des Mailänder Doms verletzt worden war. Momentan kommt Minetti aber kaum zum Zeitunglesen: Wegen Förderung von Prostitution, möglicherweise auch Minderjähriger, ermitteln die Staatsanwälte auch gegen Minetti. Sie soll, so der Vorwurf, mit zwei weiteren Vertrauten Berlusconis Frauen organisiert haben, die gegen üppige Honorare zu seinem Privatvergnügen bereitgehalten wurden.

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Eine weitere Dame, die mit Berlusconi in engem (Telefon-)Kontakt stand, ist das Showgirl Sara Tommasi. Sie kannte nach Berichten der Zeitung La Repubblica auch Berlusconis Bruder Paolo sowie Verteidigungsminister Ignazio La Russa und soll auf mehreren Sex-Partys gewesen sein. La Repubblica zitiert aus den Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Neapel mehrere SMS, die Tommasi an Berlusconi geschrieben haben soll. Während die 29-Jährige an Weihnachten angeblich "Alles Gute, Präsident" schrieb, tippte sie den Angaben zufolge zwei Wochen später "Silvio, schäm dich, du hast mich krank gemacht, zahl die Rechnungen des Psychologen" in ihr Mobiltelefon.

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Später soll Sara Tommasi, die unter anderem mit dem brasilianischen Fußballstar Ronaldinho liiert war, schmeichlerisch getextet haben: "Du hast mir so gefehlt, ich hoffe, du kannst mich bald zurückrufen, ich liebe dich noch immer, weißt du. Lady X". Am 15. Januar 2011 musste der Premierminister folgenden Text lesen: "Ich hoffe, du krepierst mit deinen ganzen Nutten. Du missbrauchst deine Macht." Auch der Corriere della Sera will erfahren haben, dass Tommasi dem Premier innerhalb von fünf Stunden neun SMS mit Beleidigungen und Drohungen geschickt habe.

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Sie will für 10.000 Euro mit Berlusconi Sex gehabt haben: Das Callgirl Nadia Macri berichtet von angeblichen Orgien in der Villa Certosa des italienischen Ministerpräsidenten in Sardinien. Für die Frauen soll Marihuana bereit gelegen haben, außerdem seien sogar minderjährige Mädchen bei einer der Partys eingeladen gewesen. Berlusconi streitet die Affäre ab und erklärt das Ganze zu einer Racheaktion der Mafia.

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(Foto: AFP)

Am Beginn der in der europäischen Öffentlichkeit ausgebreiteten never ending story von Berlusconi und den Frauen stand eine Geburtstagsfeier. Silvio Berlusconi feierte in Neapel die Volljährigkeit von Noemi Letizia.

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Noemi hatte sogar ein Bild des italienischen Premierministers im Schrank stehen und nannte ihn "Papi". Die schöne Neapolitanerin fand nichts Besonderes an der Tatsache, dass der Staatschef zu ihrer Party erschien - sie hoffte, er könne ihr helfen, Model zu werden. Für Entsetzen sorgte die Enthüllung jedoch bei einer anderen Frau, die genau wusste, dass Silvio Berlusconi bei den Geburtstagspartys seiner eigenen Kinder nie anwesend war.

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Die Ehefrau des Milliardärs, Veronica Lario, hatte schließlich die Nase voll: "Ich kann nicht bei einem Mann bleiben, der mit Minderjährigen verkehrt", soll Lario laut La Repubblica zu einer Freundin gesagt haben. Sie reichte die Scheidung ein - und im Mai 2010 einigten sich Berlusconi und Vario auf die Modalitäten: Seitdem erhält die 1956 geborene Lario monatliche Unterhaltszahlungen von 300.000 Euro, außerdem hat sie ein lebenslanges Wohnrecht in einer Villa in der Nähe von Mailand.

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Bereits in den Jahren zuvor hatte sich Lario immer wieder über ihren Gatten ärgern müssen. Sie verlangte unter anderem eine öffentliche Entschuldigung, nachdem Berlusconi dem Model Aida Yespica versprochen hatte: "Mit dir ginge ich überall hin."

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Ähnliches hatte Berlusconi dem TV-Showgirl Mara Carfagna während eines Galadinners verkündet: "Wenn ich nicht verheiratet wäre, würde ich dich sofort heiraten." Auch dafür hatte sich der Premier öffentlich entschuldigt. Als Berlusconi Carfagna  zur Gleichstellungsministerin machte, informierten sich viele Männer am Zeitungsstand über die neue Ministerin, die vorher als Nacktmodell gearbeitet hatte.

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(Foto: dpa)

Im Oktober 2010 kündigte Cafagna, die auch "Mara la Bella" genannt wird, ihren Rückzug aus der Politik an. Die von der Bild-Zeitung zur "schönsten Ministerin der Welt" gekürte Cafagna hatte während ihrer Amtszeit unter anderem einen besonderen Schutz für die traditionelle Familie gefordert. Homosexuelle Partnerschaften bezeichnete sie als sozial gefährlich und empfahl Schwulen und Lesben, "nicht zu exhibitionistisch aufzutreten". Castagna selbst ist geschieden. Ganz auf einer Linie mit dem Vatikan lag sie mit ihrem Vorschlag zum Verbot von Straßenprostitution. Freier wie Prostituierte wollte Carfagna mit drakonischen Strafen belegen. Das Gesetz solle "der Vermarktung des weiblichen Körpers ein Ende setzen", sagte die Schwester eines Schönheitschirurgen.

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Für Kopfschütteln in ganz Europa sorgten die Kriterien, nach denen der Cavaliere 2009 die Kandidaten für die Europawahl bestimmte. Mit den Worten "Unsere Kandidaten sind keine schlecht gekleideten und übelriechenden Menschen wie die Vertreter anderer Parteien, die im Parlament sitzen" hatte Berlusconi unter anderem die frühere TV-Moderatorin Barbara Matera, die Schauspielerin Eleonora Gaggioli sowie die ehemalige Big Brother-Kandidatin Angela Sozio (im Bild) nominiert. Den bissigsten Kommentar gab schon damals Noch-Ehefrau Veronica Lario ab: Sie schimpfte über die "schamlosen Luder im Dienst der Macht".

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Lange Zeit hatte Barbara Berlusconi über die Eskapaden ihres Vaters geschwiegen. Im Dezember 2010 verriet sie der italienischen Vanity Fair: "Es fällt mir schwer, da gelassen zu antworten." In einem ihrer raren Interviews sagte sie: "Es sind Vorgänge, die für mich bitter waren." Sie sei mit einer "gewissen Art von Verhalten nicht einverstanden". Sie selbst führt offenbar ein ruhigeres Leben: Im Juli 2010 wurde bekannt, dass Barbara an der Mailänder Privatuniversität San Raffaele mit Bestnote und Lob ein Philosophiestudium abgeschlossen hatte. Ein großer Teil ihrer Zeit gehöre den kleinen Söhnen Alessandro, drei Jahre, und Edoardo, 18 Monate, die sie mit ihrem Lebensgefährten, einem 31-jährigen Banker, hat. Aus der Ehe von Lario und Berlusconi stammen zudem die Tochter Eleonora (Jahrgang 1986) und Luigi (Jahrgang 1988).

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"Italien ist kein Bordell": Was die italienischen Frauen über die Eskapaden ihres Premierministers denken, zeigen sie zuletzt immer häufiger. Bei Kundgebungen wie hier nahe der Berlusconi-Villa in Arcore werfen sie aus Protest Damenunterwäsche in die Luft. Am mittleren Februar-Wochenende wollen in ganz Italien signorine gegen das von Berlusconi und seinen TV-Sendern propagierte Frauenbild protestieren. Das Erkennungszeichen der Bewegung, ein weißer Schal, ist in den großen Städten immer häufiger zu sehen.

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Zu den harschesten Kritikern des italienischen Ministerpräsidenten gehört der Schriftsteller Roberto Saviano, der nach der Veröffentlichung seines Mafiabuches "Gomorrha" unter Polizeischutz leben muss. Er schrieb jüngst in der Wochenzeitung Die Zeit über die Zustände in Itlaien: "Es ist auch nicht mehr so, dass ein hübsches und intelligentes Mädchen einem ebenso intelligenten, aber nicht so hübschen Mädchen vorgezogen wird, sondern dass ein einziges Element reicht, um nach vorn zu kommen: Schönheit. Und diese Schönheit gibt es auch nur noch in einer Kategorie, denn die Frauen müssen alle große Brüste und hohe Wangenknochen haben. Wenn man genauer hinschaut, sehen sie alle gleich aus."

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