Italien: Berlusconi und die Frauen:Die Polit-Luder des Regierungschefs

Weil Italiens Ministerpräsident hübsche Frauen fördert, klagt ihn seine Gattin öffentlich an. Berlusconi verteidigt sich: Hässliche Politiker gebe es ja genug.

Michael König

Veronica Lario ist eine sehr geduldige Frau. Aber was zu viel ist, ist zu viel. Seit 18 Jahren ist die ehemalige Schauspielerin mit dem italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi verheiratet. Sie hat so manche Macke ihres Gatten erduldet. Etwa den Schönheitstick, der dazu führte, dass sich Berlusconi die Gesichtsfalten glätten und Haare auf die Kopfhaut verpflanzen ließ.

Italien Silvio Berlusconi, AP

Ehepaar Veronica Lario, Silvio Berlusconi

(Foto: Foto: AP)

Oder die indiskreten Äußerungen vor einer Mailänder Diskothek, als ihr Gatte mit stolzgeschwellter Brust erklärte, er brauche nach einem langen Tag nur drei Stunden Schlaf, um anschließend drei Stunden Liebe zu machen. Das alles hat Veronica Lario ertragen.

Aber als sie sah, welche Kandidatinnen der 72-jährige Berlusconi für die Europawahl vorgeschlagen hat, da platzte ihr der Kragen.

Drei blutjunge Schönheiten

Der Mann, den sie den "Cavaliere" (Kavalier) nennen, hat drei blutjunge Schönheiten aus den Reihen seiner Regierungspartei "Volk der Freiheit" für die politische Arbeit in Brüssel und Straßburg ausgewählt: eine ehemalige TV-Ansagerin, eine Fernsehschauspielerin und eine Sängerin. Oder, wie es Lario ausdrückte: drei "schamlose Luder im Dienste der Macht".

Die rothaarige Angela Sozio zum Beispiel fiel als Teilnehmerin in der TV-Show "Big Brother" mit ihren üppigen Formen auf. Die Schauspielerin Eleonora Gaggioli wiederum ist blond und für laszive Gesten bekannt. Und die ebenfalls blonde, sehr sportive Moderatorin Camilla Ferranti wiederum räkelt sich auf Fotos schon mal verführerisch in Pose wie weiland Raquel Welch.

Berlusconis Gattin zürnte über das erotische Manifest des Ministerpräsidenten: "Ich will klarstellen, dass meine Kinder und ich diese Machenschaften nicht unterstützen. Wir sind Opfer der Situation. Wir müssen sie erdulden."

Lario hat diese Zeilen nicht etwa auf einen Notizzettel geschrieben und an die Kühlschranktür gehängt. Sie kratzte sie auch nicht mit einem Schlüssel in den Lack von Berlusconis Dienstwagen. Stattdessen wandte sich die wütende Gattin in einer E-Mail an die Nachrichtenagentur Ansa. Am Mittwoch erschien der Text in der linksliberalen Tageszeitung La Repubblica. Der Tenor: Dass ihr Mann so stark auf attraktive junge Frauen setze, sei für sie und ihre Kinder schmerzhaft.

Schon einmal die Sprache verschlagen

Am Sonntag habe ihr Mann in einer Disco in Neapel an der Geburtstagsparty der 18-Jährigen Tochter eines Mitarbeiters teilgenommen - bei dem Fest der eigenen Tochter zum 18. Geburtstag habe Berlusconi jedoch gefehlt, obwohl er eingeladen war, klagte Lario, die Signora Berlusconi.

Es ist nicht das erste Mal, dass sich die zweite Ehefrau des Ministerpräsidenten in einem Brief an die Öffentlichkeit wendet. Im Februar 2007 hatte es den Lesern der La Repubblica schon einmal die Sprache verschlagen. Gleich unter dem Titel auf Seite eins prangte die Schlagzeile: "Veronica Berlusconi: Mein Mann muss sich öffentlich bei mir entschuldigen."

Auf der nächsten Seite: Der Cavaliere auf Konfrontationskurs und Äußerlichkeiten in der Personalpolitik.

Schönheit vor Kompetenz

Silvio habe ihre Würde als Frau verletzt, schrieb sie, weil er über die ehemalige TV-Schönheit und aktuellen Frauenministerin Mara Carfagna gesagt hatte: "Wenn ich nicht schon verheiratet wäre, würde ich sie heiraten." Dem Fotomodell Aida Yespica hatte er zuvor versprochen: "Mit dir ginge ich überall hin."

Berlusconi gehorchte damals und kroch öffentlich zu Kreuze: "Vergib mir, ich bitte dich", hieß es in einer Erklärung. Er wolle zeigen, dass sein Stolz dem Zorn der Gattin in einem "Akt der Liebe" nachgebe.

Italiens Kommentatoren bezeichneten die Angelegenheit 2007 als "beispiellos". Jetzt werden sie sich einen neuen Superlativ ausdenken müssen. Der Cavaliere hat diesmal nämlich offenbar beschlossen, auf Konfrontationskurs zu gehen. Statt einer Entschuldigung gab er seiner Frau öffentlich Kontra: "Die Kandidaten meiner Partei bei den Europawahlen sind kultivierte und kompetente Personen", wird Berlusconi im österreichischen Standard zitiert.

"Schlecht gekleidet und übelriechend"

Das ist Wasser auf die Mühlen derer, die einen augemachten Ehekrieg im Hause Berlusconi vermuten. Und Munition für jene, die sich auf die Personalpolitik des Ministerpräsidenten eingeschossen haben.

Äußerlichkeiten spielen darin schon lange eine große Rolle. Jetzt scheint Berlusconi daraus keinen Hehl mehr machen zu wollen. Im Gegenteil: Er tritt offensiv für schönere Politiker ein, um sich von der Konkurrenz abzugrenzen.

"Wir wollen unsere politische Klasse mit Personen erneuern, die ihre Präsenz im Straßburger Parlament garantieren", sagte Berlusconi im Standard. Seine Kandidatinnen seien "keine schlecht gekleideten und übelriechenden Menschen wie die Vertreter anderer Parteien, die im Parlament sitzen". Bisher seien die italienischen Kandidaten für die Europawahlen "oft alte Schachteln" gewesen.

Markige Worte

Lange Beine statt ergrauter Köpfe, blondes Gift statt alter Schachteln - das ist Macho-Politik in Reinkultur. Die Crux an Berlusconis Aussagen: Selbst wenn seine Kandidatinnen nicht nur durch ihr Äußeres, sondern auch durch Kompetenz bestächen - so hat der Cavaliere durch seine Aussagen nun die Optik klar in den Vordergrund gerückt.

Auch für seine Gattin hatte der Ministerpräsident ein paar markige Worte parat. Statt einer Entschuldigung gab es diesmal eine Maßregelung für Veronica Lario: Seine Frau sei der "linken Medienmanipulation" zum Opfer gefallen, klagte er.

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