"Ich könnte etwas sagen, aber ich will nicht", fertigte Nicole Minetti die Reporter im Mailänder Pirelli-Hochhaus ab, dem Sitz des Regionalrats der Lombardei. Dass die gerade mal 25-jährige Abgeordnete der Berlusconi-Partei PDL genervt ist, verwundert nicht. Minetti steht mitten im heftigen Wirbel der Rubygate-Affäre, die Italiens Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi bedroht. Wegen Amtsmissbrauch und Prostitution Minderjähriger wird gegen ihn ermittelt. Und wegen Förderung von Prostitution, möglicherweise auch Minderjähriger, ermitteln die Staatsanwälte auch gegen Minetti.
Denn wie es aussieht, hat sie neben ihrem Amt als Regionalrätin andere diskrete Aufgaben erfüllt. Mit zwei weiteren Vertrauten Berlusconis soll sie Frauen organisiert haben, die gegen üppige Honorare zu seinem Privatvergnügen bereitgehalten wurden.
Peinlicherweise gehörte zur Amüsiertruppe des Premiers die damals erst 17-jährige Marokkanerin Ruby. Und als die wegen Diebstahls im vergangenen Mai festgenommen wurde, schickte Berlusconi seine hübsche Nachwuchspolitikerin Minetti zur Polizei.
Ihr Auftrag: Ruby offiziell in Obhut zu nehmen, damit diese nicht in ein Heim muss. Allerdings ließ Minetti die Minderjährige dann gegen drei Uhr früh an der nächsten Ecke stehen. Statt bei der Abgeordneten kam Ruby bei einer Prostituierten unter. Und die Politikerin behauptet nun, sie habe nicht gewusst, dass Ruby minderjährig war.
Für Minetti ist Berlusconi laut ihrer Selbstbeschreibung der "einzige Maßstab in der Politik". Dass sie jederzeit bereit war, Sonderaufgaben für ihn zu erfüllen, lässt sich wohl als Dankbarkeit für ihre Blitzkarriere verstehen.
Sie gehört zu einer Reihe attraktiver junger Frauen, die auf Wunsch Berlusconis aus dem Nichts in politische Funktionen gelangten. In ihrem früheren Leben verdingte sich die aus Rimini stammende Minetti als Gelegenheitsshowgirl bei einem Privatsender des Berlusconi-Konzerns und für ein Spätprogramm der Rai.