Süddeutsche Zeitung

Italien: Berlusconi:"Clinton hat sich auch nicht entschuldigt"

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Neues aus Silvio-Land: Berlusconi will die Skandalvilla auf Sardinien nicht verkaufen und erhält Tipps von Altpräsident Cossiga. Dessen Rat: Neuwahlen und Schweigen.

Guter Rat für Berlusconi: Italiens Altpräsident Francesco Cossiga empfiehlt dem in Bedrängnis geratenen italienischen Regierungschef, mit einem Rücktritt und Neuwahlen seine Macht zu sichern. Ein solcher Befreiungsschlag werde ihm trotz der Enthüllungen über sein Privatleben erneut den Sieg bringen, davon ist der 80-jährige Senator auf Lebenszeit überzeugt: "Wenn er schlau wäre, würde er zurücktreten und das Land zu den Urnen führen", sagte Cossiga, der von 1985 bis 1992 Staatspräsident war, der Zeitung La Stampa.

Cossiga legte dem 72-jährigen Berlusconi nahe, zu den Enthüllungen über angebliche Frauen-Geschichten zu schweigen, "sich nicht zu verteidigen, nicht darauf zu antworten und sich nicht zu entschuldigen". Er würde das jedenfalls nicht tun, und ihm sei auch nicht bekannt, dass sich John F. Kennedy und Bill Clinton bei ihrem Land entschuldigt hätten. Damit spielte er auf Affären dieser beiden früheren US-Präsidenten an.

Für Cossiga ist Berlusconi das Opfer des Hasses seiner Gegner, aber auch der eigenen "Unvorsichtigkeit und Naivität". Cossiga gibt dem Milliardär in einem Brief an die Mailänder Tageszeitung Corriere della Sera noch einen guten Rat: Er möge doch seine sardische Villa Certosa, Schauplatz ausgelassener Feste mit jungen Damen, dem Staat oder der Region Sardinien schenken und auch aus seiner römischen Villa Grazioli ausziehen, "die jetzt einen anrüchigen Ruf hat".

Anfang Juni hatte die spanische Zeitung El País Fotos von Partys in Berlusconis Villa veröffentlicht, auf denen unter anderem Frauen beim Sonnen mit freiem Oberkörper und ein nackter Mann, der ehemalige tschechische Ministerpräsident Mirek Topolánek, zu sehen sind. Zeitungsberichten zufolge wurden einige der Fotos während der Silvesterfeier 2008/09 gemacht.

Einen Verkauf des Anwesens lehnt der Cavaliere jedoch ab: "Ich verkaufe die Villa Certosa nicht." Dies sagte Berlusconi zu Journalisten, die ihn zur Stimmabgabe bei der zweiten Runde der Kommunalwahlen am Sonntag in Mailand begleiteten. Er widersprach damit mehreren Zeitungsberichten. Laut La Repubblica müsste ein Käufer 200 Millionen Euro für das Anwesen bezahlen.

Der italienische Geschäftsmann Giampaolo Tarantini erklärte unterdessen, Berlusconi habe nichts davon gewusst, dass Frauen für einen Besuch seiner Partys bezahlt worden seien. Er selbst habe den Frauen das Geld gegeben, aber nur, um ihnen die Anreise und andere Ausgaben zu ersetzen, sagte Tarantini. Er entschuldigte sich in einer Erklärung an die Nachrichtenagentur Ansa bei Berlusconi für den entstandenen Skandal.

Patrizia D'Addario, die nach Aussagen von Bekannten als Luxus-Prostituierte arbeitet, hatte in einem Interview mit Corriere della Sera erklärt, sie habe für ihre Anreise aus Bari und den Besuch der Party in Berlusconis römischer Residenz 1000 Euro bekommen.

Bei der Party seien ihr und zwanzig anderen jungen Frauen ein Video von Berlusconis Treffen mit dem früheren US-Präsidenten George W. Bush und Fotos seiner Villen gezeigt worden. Berlusconi habe für sie gesungen und Witze erzählt. Sie könne das beweisen, weil sie das mit einem Aufnahmegerät aufgenommen habe. Berlusconi wies die Berichte als "Müll und Lügen" zurück.

D'Addario und zwei weitere Frauen, die Berlusconis Partys besuchten und dafür Geld oder Geschenke haben sollen, sind inzwischen von der Polizei in Bari verhört worden. Berichten zufolge richten sich die Ermittlungen gegen Tarantini wegen angeblicher Unrechtmäßigkeiten in Zusammenhang mit seinem Pflegedienst-Unternehmen und wegen Anstiftung zur Prostitution.

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dpa/AFP/AP/mati/gal
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