Istanbul:Neue Zusammenstöße zwischen Polizei und Demonstranten

Wieder Tränengas und Steine in Istanbul: Bei einem Protestmarsch in der Türkei gibt es erneut Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei. Offenbar wurden mehrere Menschen verletzt.

Bei einem Protestmarsch gegen Polizeigewalt in der Türkei ist es zu neuen Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten gekommen. Teilnehmer der Demonstration hätten versucht, zu einem Gerichtsgebäude im Istanbuler Stadtteil Okmeydani zu ziehen, berichteten türkische Medien. Die Polizei habe dies mit dem Einsatz von Tränengas verhindert.

Demonstranten warfen Steine und mehrere Brandsätze, hieß es in den Berichten. Einem Fotografen der Nachrichtenagentur AFP zufolge gab es mehrere Verletzte und etliche Festnahmen. Gegen Abend hatte sich die Lage weitgehend beruhigt, doch zogen sich zunächst weder die Demonstranten noch die Polizei zurück.

Mehrere Hundert Demonstranten forderten bei der Kundgebung eine Bestrafung von Polizisten, die für die schwere Verletzung des 14-jährigen Berkin Elvan verantwortlich sind. Der Jungen war während Protesten gegen die Regierung im Juni verletzt worden und liegt seitdem im Koma liegt. Bürgerrechtsgruppen zufolge wurde der unbeteiligte Jugendliche in Istanbul von einer Tränengasgranate der Polizei am Kopf getroffen. Menschenrechtler haben die türkische Polizei wiederholt beschuldigt, mit Tränengasgewehren auf kurze Entfernung gezielt auf Menschen gefeuert zu haben.

Die Protestwelle hatte sich Ende Mai an der gewaltsamen Räumung eines Protestlagers entzündet, mit dem die Zerstörung des Gezi-Parks am Rande des Taksim-Platzes in Istanbul verhindert werden sollte. Bald richtete sie sich vor allem gegen einen als immer autoritärer empfundenen Kurs Erdoğans. In den vergangenen Wochen gingen die Proteste gegen Erdoğan weiter. Allerdings war die Zahl der Demonstranten geringer als zuvor.

Umstrittenes Alkoholverbot in Kraft getreten

Ein Gesetz, das bei den Gezi-Park-Protesten unter anderem kritisiert wurde, ist an diesem Montag in Kraft getreten: Das umstrittene Alkoholverbot der islamisch-konservativen Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan wird von Gegnern als Zeichen für eine Islamisierung der Türkei gesehen. Der Verkauf von Alkohol ist nun nach 22 Uhr sowie in einem Umkreis von 100 Metern um Moscheen und Schulen verboten. Staatspräsident Abdullah Gül hatte das Gesetz im Juni unterzeichnet.

Die türkische Regierung hat außerdem die Werbung für Alkohol scharf beschränkt und Warnhinweise verfügt. Wegen der großen Zahl von Moscheen und Schulen können die nun geltenden Einschränkungen in vielen Vierteln einem Verkaufsverbot für Alkohol gleich kommen. Geschäftsbesitzer warten jetzt darauf, wie Polizei und Ordnungsämter die neuen Regeln auslegen.

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