Israels Atomkonflikt mit Iran:"Ich bin bereit, den Knopf zu drücken"

Israels Premier Netanjahu hat in einem Fernsehinterview seinen Willen demonstriert, die iranischen Atomanlagen anzugreifen - auch ohne ausländische Unterstützung. Schon 2010 soll laut Medienberichten ein Militärschlag vorbereitet worden sein. Für diese Aussage wählte Netanjahu einen heiklen Zeitpunkt.

Benjamin Netanjahu Israel Iran

Würde Iran auch im Alleingang angreifen: Israels Premierminister Benjamin Netanjahu.

(Foto: REUTERS)

Israels Premierminister Benjamin Netanjahu hat seine Bereitschaft, die iranischen Atomanlagen im Alleingang anzugreifen, bestärkt. Sein Land sei auf den Angriff vorbereitet - auch ohne die Unterstützung der USA und der restlichen Welt, sagte Netanjahu in einem am Montag ausgestrahlten Interview mit dem israelischen Fernsehsender Kanal 2. Er hoffe, einen Angriff vermeiden zu können, sei aber "natürlich bereit, den Knopf zu drücken, falls nötig".

"Als David Ben-Gurion die Gründung des Staates Israel verkündete, tat er das mit der Zustimmung Amerikas?", fragte der Staatschef. "Wenn jemand als Premierminister Israels hier sitzt und in Angelegenheiten, die für die Existenz des Landes grundsätzlich sind, nichts unternehmen kann (...), dann ist er es nicht wert, zu führen", fügte er hinzu.

Zuvor hatte Kanal 2 berichtet, Netanjahu und Verteidigungsminister Ehud Barak hätten bereits im Jahr 2010 den Streitkräften den Befehl erteilt, einen Angriff auf iranische Atomanlagen vorzubereiten. Die Anordnung sei schließlich aber zurückgenommen worden, weil sich der damalige Generalstabschef und der damalige Chef des Auslandsgeheimdienstes Mossad dagegen gestellt hätten.

Das Fernsehinterview und der Bericht über die Vorbereitung eines Angriffs 2010 kommen zu einem denkbar heiklen Zeitpunkt. In den USA wird ein neuer Präsident gewählt - und Netanjahus Aussagen können klar als Angriff auf Barack Obama gewertet werden. Dieser hatte eine Militärintervention als letztes Mittel gegen das iranische Atomprogramm zwar nicht ausgeschlossen, hatte Israel aber bislang zur Zurückhaltung gedrängt.

Des Weiteren startete am Montag in Brüssel ein zweitägiges Treffen, bei dem israelische und iranische Funktionäre zu Beratungen über den Atomkonflikt zusammenkommen. Ziel ist es, in den kommenden Monaten eine internationale Konferenz abzuhalten, die sich mit dem Verbot von nuklearen und anderen Massenvernichtungswaffen im Mittleren Osten beschäftigt. Zwar reisten die Teilnehmer offiziell als Privatpersonen an. Tatsächlich haben sie jedoch die Erlaubnis ihrer Regierungen, zu informellen Gesprächen mit Vertretern aus verschiedenen arabischen Staaten, aus den USA und Europa zusammenzukommen.

Kritik an Netanjahu

Wie ersnst die Worte Netanjahus genommen werden sollten ist nicht erkennbar. Schon in den vergangenen Jahren hatte der Premier mehrmals über einen Angriff auf die iranischen Atomanlagen gesprochen - und damit erreicht, dass verschiedene Staaten ihre Sanktionen gegen Iran verstärkten.

Derzeit schlägt Netanjahu vor allem Kritik entgegen, unter anderem von seinem Vorgänger im Amt des Premierministers. Ehud Olmert positionierte sich klar gegen Netanjahus "Gerede, dass wir allein über unser Schicksal entscheiden werden und dass wir auf niemand anderen berücksichtigen werden". Der Premier "spucke damit ins Gesicht" Barack Obamas - und vernachlässige die Tatsache, dass Israel alleine nicht über die militärische Stärke verfüge, Irans Atomprogramm tatsächlich zu schaden.

Israel kann mit den eigenen Waffen keine unterirdischen Atomanlagen zerstören und das Programm damit höchstens aufschieben, nicht aber verhindern. Die USA verfügen dagegen über Waffen, die auch Bunker sprengen und damit einen weit größeren Schaden anrichten können.

Die harte Haltung des Premiers widerspricht auch der Aussage seines Verteidigungsministers Ehud Barak, der Ende Oktober verkündet hatte, eine größere Konfrontation zwischen Israel und Iran sei vorerst abgewendet, nachdem sich die Führung in Teheran entschieden habe, mehr als ein Drittel ihres mittelstark angereicherten Urans für zivile Zwecke zu nutzen.

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