Süddeutsche Zeitung

Israelische Ex-Soldatin und Facebook:"Die beste Zeit in meinem Leben"

Eine israelische Ex-Soldatin posiert fröhlich lächelnd vor gefesselten palästinensischen Gefangenen und stellt die Bilder ins Internet. Nun erhält sie Morddrohungen aus der ganzen Welt und zeigt keinerlei Einsicht, etwas falsch gemacht zu haben.

Peter Münch, Tel Aviv

Die junge Israelin Eden Abergil hat Fotos ins Internet gestellt von ihrer Militärzeit, vielleicht war sie stolz darauf, vielleicht fand sie das einfach nur lustig. "Israels Armee, die beste Zeit in meinem Leben", so hat sie ihr Album bei Facebook genannt. Freunde haben ein paar frotzelnde Kommentare dazu geschrieben - "Du bist hier super sexy", solche Sachen - dann brach ein Sturm der Empörung los. Denn auf den Bildern ist die Soldatin Abergil zu sehen, wie sie fröhlich lächelnd vor palästinensischen Gefangenen posiert, denen die Augen verbunden und die Hände gefesselt sind.

Dies sind Bilder von einiger Brisanz, und die Palästinensische Autonomiebehörde in Ramallah hat sogleich eine Erklärung dazu veröffentlicht. "Hier zeigt sich die Mentalität der Besatzer, die stolz darauf sind, Palästinenser zu erniedrigen", heißt es. Täglich geschehe so etwas, denn das gehöre zum Wesen der israelischen Herrschaft über die Palästinenser. "Alle Verteidiger der Menschenrechte" werden aufgerufen, nun "alles zu tun, um die israelische Besatzung zu beenden und dieses dunkle Kapitel für die Menschlichkeit zu schließen".

Die israelische Armee reagierte sehr schnell. Sie verurteilte das "beschämende Verhalten der Soldatin", es sei "gemein und primitiv". Zwar kann die junge Frau aus Aschdod nicht mehr unmittelbar zur Rechenschaft gezogen werden, weil sie schon vor einem Jahr den Militärdienst quittiert hat. Doch ihren eigenen Angaben zufolge hat man ihr bereits mitgeteilt, dass sie ihren militärischen Rang verliere und nie mehr zum Reservedienst herangezogen werde.

Eden Abergil ist nämlich mittlerweile nach dem ersten Schreck über das Echo auf ihre Fotos in die Offensive gegangen. Einer Bloggerin, die sie über Facebook kontaktieren wollte, hatte sie zunächst noch erklärt, sie rede nicht mit "Linken". Dann gab sie verschiedene Interviews in israelischen Medien. Darin berichtet sie von Morddrohungen, die sie aus der ganzen Welt über Facebook erhalten habe. Sie entschuldigt sich auch dafür, "wenn jemand sich verletzt fühlt". Aber sie zeigt keinerlei Einsicht, womöglich etwas Falsches gemacht zu haben.

Die Bilder mit den palästinensischen Gefangenen aus dem Jahr 2008 sieht sie schlicht als persönliche Erinnerung an ihre Erfahrungen während des Militärdienstes, der in Israel auch für Frauen für zwei Jahre obligatorisch ist. "Ich habe doch nur Fotos gemacht mit denen im Hintergrund", sagte sie. "Das war kein politisches Statement, und ich wollte auch niemanden demütigen." Auf die Frage, ob dies nun Israels Image in der Welt belasten könnte, antwortete sie: "Egal was wir tun, wir werden doch immer attackiert."

Von der Reaktion des Militärs auf ihren Fall zeigt sie sich enttäuscht. "Die Armee ist undankbar", klagte sie. "Ich habe mein Leben riskiert, ich bin verletzt worden, ich war ein Modell-Soldat, und nun wünsche ich mir, niemals in dieser Armee gedient zu haben." Sie sieht sich gar als Opfer übergeordneter politischer Interessen. Die Armee, so lautet ihr Fazit, lasse ihre Soldaten schlecht aussehen, damit US-Präsident Barack Obama nicht wütend werde. "So wie ich das sehe, sind wir kein unabhängiger Staat, wenn die Leute sogar Angst vor Bildern haben."

In den Internetforen finden sich nun auch zahlreiche Verteidiger der jungen Frau. Sie tue niemandem Unrecht und übe auch keine Gewalt aus, heißt es da. "Seit wann müssen Soldaten nett sein", fragt einer. Und selbst Yehuda Schaul findet, dass diese Bilder "etwas sehr Normales zeigen".

Schaul ist einer der Gründer von "Breaking the silence", und das Schweigen brechen wollen in dieser Menschenrechtsorganisation ehemalige Soldaten, die Zeugnis ablegen über Verfehlungen und Verbrechen der israelischen Armee. Für ihn spiegeln die Bilder sehr genau wider, was die verfehlte Besatzungspolitik aus jungen Israelis mache. "Wenn du als Soldat in den besetzten Gebieten bist, gewöhnst du dich an so etwas", sagt er. "Du siehst irgendwann die Palästinenser nicht mehr als menschliche Wesen, sondern als Objekte." Fast jeder Soldat habe ähnliche Fotos in seinem Album, glaubt er, und keiner verstehe mehr, was verkehrt daran sein soll. Seine Organisation habe schon viel drastischere Fotos veröffentlicht: "Auf diesen Bildern sieht man Soldaten, die vor getöteten Feinden posieren."

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SZ vom 18.08.2010/segi
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