Süddeutsche Zeitung

Israelisch-amerikanische Beziehungen:Der verprellte Premium-Partner

Israel sieht die amerikanisch-iranische Annäherung mit Sorge - und Netanjahu warnt US-Präsident Barack Obama klar. Heute spricht der israelische Ministerpräsident vor der UN-Vollversammlung. Er ist berüchtigt für seine Reden.

Von Peter Münch, Tel Aviv

Auf seiner Reise in die USA will Israels Premier Benjamin Netanjahu die Welt davor warnen, allzu naiv der iranischen Charme-Offensive zu erliegen. Er werde "angesichts all der süßen Lippenbekenntnisse die Wahrheit über Iran" sagen, erklärte Netanjahu.

Erster Adressat war am Montag US-Präsident Barack Obama, den er im Weißen Haus traf. Dabei stimmten beide überein, dass eine iranische Atombewaffnung verhindert werden müsse. Obama versicherte seinem Gast, dass noch "keine Option einschließlich des militärischen Handelns vom Tisch" sei. Doch auch wenn sich beide Seiten darum bemühen, Einigkeit über die Ziele im Nuklearstreit zu demonstrieren, schaut die Regierung in Jerusalem mit großem Argwohn auf die jüngste Annäherung zwischen Washington und Teheran.

Irans Politik ziele weiterhin auf eine Zerstörung Israels ab, sagte Netanjahu nach dem Treffen während eines Auftritts mit Obama. Er forderte deshalb, den Sanktionsdruck auf die Führung in Teheran keinesfalls zu lockern, sondern im Gegenteil noch zu verstärken. Iran müsse gezwungen werden, sein "militärisches Atomprogramm" vollständig aufzugeben. Alle bisherigen Gesprächsangebote hat Israels Regierungschef bereits als "Fallen" zurückgewiesen und den neuen Präsidenten Hassan Rohani als "Wolf im Schafspelz" bezeichnet. Berichten zufolge legte er Obama hinter verschlossenen Türen auch neues Geheimdienstmaterial vor, das die iranische Verwicklung in weltweite Terroraktivitäten zeigen soll.

Netanjahu sieht sich im Einklang mit israelischer Bevölkerung

Mit seinem unnachgiebigen Kurs sieht sich Netanjahu in Einklang mit der israelischen Bevölkerung, die einer Umfrage zufolge mit einer Mehrheit von 78 Prozent davon überzeugt ist, dass Rohani mit falschen Karten spielt. Nach der Vorstellung Israels muss Iran zunächst vier Forderungen erfüllen, um glaubwürdig zu sein: Es muss die Urananreicherung stoppen, alles angereicherte Material außer Landes bringen, die Anreicherungsanlage in Fordow schließen und die Bemühungen zur Plutoniumanreicherung einstellen.

Die USA allerdings sind nach Obamas Telefonat mit Rohani, das Ende voriger Woche eine drei Jahrzehnte währende Funkstille beendete, auf ihrem Versöhnungskurs schon recht weit fortgeschritten. US-Außenminister John Kerry, der am Rande der UN-Vollversammlung auch schon mit seinem iranischen Kollegen Mohammed Sarif zusammengetroffen war, bekannte in einem Interview, er halte eine baldige Lösung im Konflikt mit Iran für möglich - sogar innerhalb des von Rohani genannten Zeitfensters von drei bis sechs Monaten. Die Iraner ihrerseits werben weiter um das Washingtoner Wohlwollen: Am Montag erklärte ein Sprecher Rohanis, der Präsident wolle sich für die Einrichtung direkter Flugverbindungen zwischen Iran und den USA einsetzen.

Obama fordert Taten von Iran

Die USA zeigen sich jedoch zugleich bemüht, Israel nicht zu verprellen, sondern einzubinden und ihrem nahöstlichen Premium-Partner zu versichern, dass man sich nicht blauäugig von Iran hinters Licht führen lasse. Obama versicherte Netanjahu deshalb, dass Worte allein nicht genügten und Teheran seinen Ankündigungen auch Taten folgen lassen müsse.

An diesem Dienstag wird Netanjahu als letzter Redner die diesjährige UN-Vollversammlung abschließen. Auch hier dürften die Warnungen vor Iran im Mittelpunkt stehen. Im vorigen Jahr hatte er bei dieser Gelegenheit große Aufmerksamkeit mit einem Bomben-Cartoon erzielt, auf dem er zur Demonstration der israelischen Entschlossenheit eine rote Linie markiert hatte, bei deren Überschreiten er mit einem Militärschlag drohte. Ein paar Jahre zuvor hatte er im New Yorker Plenum einen Bauplan des Vernichtungslagers Auschwitz hochgehalten, um vor einem "nuklearen Holocaust" durch Iran zu warnen.

Nun könnte er Medienberichten zufolge eine Parallele zwischen einer möglichen vertraglichen Einigung mit Iran und dem Münchner Abkommen von 1938 ziehen. Als Vergleich will er auch Nordkorea bemühen, das in Verhandlungen erst die Welt narrte und dann 2006 mit einem Atomtest aufgeschreckte.

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SZ vom 01.10.2013/mane
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