Israel:Zitronenlimonade für den Premier

Die dritte Parlamentswahl binnen eines Jahres gewinnt Netanjahus Likud.

Von Alexandra Föderl-Schmid, Tel Aviv

Israel: Alle guten Dinge: Bei der dritten Wahl binnen zwölf Monaten wurde der Likud von Benjamin Netanjahu (hier mit seiner Frau Sara) stärkste Kraft.

Alle guten Dinge: Bei der dritten Wahl binnen zwölf Monaten wurde der Likud von Benjamin Netanjahu (hier mit seiner Frau Sara) stärkste Kraft.

(Foto: Oded Balilty/AP)

Seinen Anhängern, die ihn nach dem Wahlsieg in der Nacht zum Dienstag feierten, erklärte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu seinen Erfolg so: "Wir haben aus Zitronen Limonade gemacht." Er kündigte die Bildung einer "starken, nationalen Regierung" an. Netanjahus rechtsnationale Likud-Partei landete bei der dritten Parlamentswahl binnen eines Jahres nach Auszählung von fast allen Stimmen bei 36 Sitzen.

Das ist das beste Ergebnis für den Likud seit 2003. Der Vorsprung auf das von Benny Gantz geführte blau-weiße Bündnis, das die Wahl im September noch gewonnen hatte, fiel mit vier Mandaten überraschend deutlich aus. Gantz verwies am Dienstag darauf, dass Netanjahu keine Mehrheit habe. Er schloss die Bildung einer großen Koalition, in Israel Einheitsregierung genannt, nicht aus. Die Wahlbeteiligung war mit 71 Prozent die höchste seit zwei Jahrzehnten.

Netanjahu fehlten am späten Dienstagnachmittag zwei Mandate für die Bildung einer Koalition aus rechten und religiösen Parteien. Neben den ultraorthodoxen Parteien Schas und Vereinigtes Thora-Judentum, die zehn und sieben Sitze erreicht hatten, wollte sich auch das rechte Jamina-Bündnis der Koalition anschließen. Damit waren am Dienstagnachmittag zumindest 59 der für die Mehrheit notwendigen 61 Sitze im Parlament gesichert.

Likud sucht nun nach Überläufern - und setzt Berichten zufolge Abgeordnete unter Druck

Noch während die letzten Stimmen ausgezählt wurden, begannen Netanjahu und seine Emissäre schon mit Verhandlungen. Nach Angaben des Likud-Sprechers Jonathan Urich habe man bereits mit "vier bis sechs" potenziellen Überläufern aus anderen Parteien gesprochen. Er zeigte sich überzeugt davon, dass schon bald genügend Stimmen von der politischen Konkurrenz gefunden werden. Er rechnete mit einer Koalitionsbildung "innerhalb von wenigen Tagen".

Als mögliche Überläufer wurden Yoaz Hendel und Zvi Hauser kolportiert. Die beiden Abgeordneten waren Mitarbeiter von Netanjahu und sind politisch am rechten Rand von Blau-Weiß angesiedelt. Laut Medienberichten soll der Abgeordneten Omer Yankelevich von Blau-Weiß von Likud-Leuten gedroht worden sein, dass kompromittierende Tonbandmitschnitte veröffentlicht werden, wenn sie nicht als Mehrheitsbeschafferin dient.

Als mögliche Kandidatin für einen Wechsel wurde auch Orly Levy Abekasis genannt, die diesmal gemeinsam mit der Arbeitspartei und Meretz ein Bündnis bildete. Sie soll einen Ministerposten angeboten bekommen haben. Davor war sie Abgeordnete in der ultranationalistischen Partei des ehemaligen Verteidigungsministers Avigdor Lieberman. Er hatte im Wahlkampf ausgeschlossen, in einer von Netanjahu geführten Regierung zu sitzen.

Am Dienstag wiederholte er das nicht mehr, sondern versprach, "alles dafür zu tun, um eine vierte Wahl zu verhindern". Mit seinen sieben Sitzen könnte er Netanjahu zu einer Mehrheit verhelfen. Arbeitspartei und Meretz, die sich diesmal zusammengeschlossen hatten, kamen nur auf sieben Sitze. Die Vereinigte Liste der arabischen Parteien legte um zwei Sitze auf nun 15 zu.

Auch eine Einheitsregierung ist jedoch nicht ausgeschlossen. Gantz schien in der ersten Stellungnahme nach seiner Wahlniederlage den Weg dafür zu ebnen: "Unabhängig von den Wahlergebnissen oder jedwedem anderen politischen Vorgang werden Kriminalverfahren nur im Gericht entschieden." Dies wurde so interpretiert, dass Gantz eine Regierungsbeteiligung von Netanjahu akzeptieren würde, sofern sich dieser dem Strafverfahren stellt.

Der Zeitplan sieht vor, dass Präsident Reuven Rivlin nach der Präsentation des Endergebnisses bis spätestens 17. März einem Politiker ein Mandat zur Regierungsbildung erteilt. Danach sind bis zu sechs Wochen Zeit für Koalitionsverhandlungen. Unklar ist, ob Netanjahu von Rivlin aufgrund der Anklagen in drei Korruptionsfällen überhaupt mit der Regierungsbildung beauftragt werden darf. Bürgerrechtler reichten am Dienstag eine Petition gegen Netanjahu beim Obersten Gericht ein.

"Eine Person, die für ihre Freiheit vor Gericht kämpft, kann keine Regierung anführen", sagte Tomer Naor, Rechtsberater der Bewegung für eine gute Regierung in Israel. Die Generalstaatsanwaltschaft und das Oberste Gericht hatten sich im Januar noch nicht festlegen wollen, ob ein Angeklagter mit einer Regierungsbildung betraut werden darf. Ein Minister muss nach israelischem Recht bereits bei einer Anklageerhebung zurücktreten, ein Ministerpräsident erst nach einer Verurteilung.

Die Generalstaatsanwaltschaft wirft Netanjahu Betrug und Untreue sowie Bestechlichkeit vor. Es geht um den Verdacht der Beeinflussung von Medien und Geschenkannahmen im Gegenzug für politische Gefälligkeiten. Der Prozessauftakt ist für den 17. März in Jerusalem vorgesehen. Netanjahus Anwälte sollen bereits einen Antrag auf Verschiebung vorbereiten. Seine politischen Gegner rechnen damit, dass Netanjahu die Zeit nutzen will, um sich nach feststehender Mehrheit in der Knesset Immunität zu verschaffen. Ein entsprechendes Ansuchen hatte er vor einigen Wochen zurückgezogen, als sich abzeichnete, dass er nicht die nötige Unterstützung dafür fand. Der Regierungschef hat alle Vorwürfe zurückgewiesen.

Unabhängig von der Regierungsbildung dürfte die Annexion von Teilen des Westjordanlandes weiter vorangetrieben werden. Da auch Gantz angekündigt hat, den von US-Präsident Donald Trump vorgeschlagenen Nahost-Plan umsetzen zu wollen, zeichnet sich eine breite Mehrheit bei einer Abstimmung in der Knesset ab. Netanjahu kündigte noch in der Wahlnacht an, die Pläne zur Annexion des Jordantals und der Siedlungen im besetzten Westjordanland rasch umsetzen zu wollen. Führende Palästinenservertreter interpretierten den Ausgang der Parlamentswahl in Israel als Votum für die Fortsetzung der Besatzung und befürchten eine bevorstehende Annexion.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: