Wahl in Israel:Wieder liegt Netanjahu vorn

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Angriff auf den Rechtsstaat? Benjamin Netanjahu, Ministerpräsident von Israel und Vorsitzender der rechtskonservativen Likud-Partei, bei der Wahl 2021. (Foto: Marc Israel Sellem/dpa)

Die Partei des Ministerpräsidenten wird bei der vierten Parlamentswahl innerhalb von zwei Jahren stärkste Kraft. Doch die Regierungsbildung dürfte schwierig werden.

Von Peter Münch, Tel Aviv

Die Likud-Partei von Israels Premierminister Benjamin Netanjahu hat bei der Parlamentswahl in Israel am Dienstag erneut die meisten Mandate gewonnen. Ersten Ergebnissen zufolge kann sie bei dieser vierten Wahl innerhalb von zwei Jahren mit 31 bis 33 der insgesamt 120 Sitze rechnen. Damit hat sich Netanjahu deutlich abgesetzt von seinem schärfsten Konkurrenten Jair Lapid von der liberalen Zukunftspartei, der demnach nur auf 16 bis 18 Sitze kommt. Wegen der zersplitterten Parteienlandschaft dürfte die Koalitionsbildung dennoch gewohnt schwierig werden. Ein offizielles Ergebnis wird nach Auszählung aller Stimmen voraussichtlich erst am Freitag vorliegen.

Netanjahus erklärtes Ziel ist die Bildung einer Koalition aus rechten und religiösen Parteien. Überraschend erfolgreich war die ultrarechte Religiös-Zionistische Partei, die mit sechs bis sieben Sitzen ebenfalls zum Netanjahu-Lager gezählt werden kann. Für eine Parlamentsmehrheit von 61 Sitzen braucht Netanjahu jedoch unbedingt noch die Unterstützung der Yamina-Partei von Naftali Bennett, die voraussichtlich sieben bis acht Mandate gewonnen hat. Bennett hatte sich vorab als Einziger nicht festgelegt, welchem Lager er zugeordnet werden will. Am Wahlabend sagte er, "wir machen nur, was gut ist für Israel".

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Nach zwei Jahren politischer Dauerkrise war diese Wahl angelegt als Referendum über Netanjahu, den seine Gegner für amtsunfähig halten, weil er in Jerusalem wegen Korruption in drei Fällen vor Gericht steht. Sein Gegenspieler Lapid bezeichnete diese Wahl als "Stunde der Wahrheit" für sein Land. Er warnte mit Blick auf die rechten Parteien vor einer "düsteren, rassistischen und homophoben Regierung". Als Alternative könnte er noch versuchen, ein ideologisch heterogenes Bündnis zu bilden, das allein durch die Gegnerschaft zu Netanjahu zusammengehalten wird. Als Partner bräuchte er dafür neben Bennett noch fünf weitere Parteien, die alle laut ersten Ergebnissen auf sechs bis acht Sitze kommen. Dazu gehören aus dem rechten Spektrum die Partei Neue Hoffnung, aus dem Zentrum das Bündnis Blau-Weiß und Unser Haus Israel sowie aus dem linken Lager die Arbeitspartei und Meretz.

Schwer geschlagen wurde die Vereinte Liste der arabischen Minderheit, die 20 Prozent der Bevölkerung ausmacht. Während sie bei der vorigen Wahl noch 15 Mandate holte, kann sie nun nach einer Spaltung nur noch mit acht bis neun Sitzen rechnen.

Im Wahlkampf hatte Netanjahu ganz auf den Erfolg seiner Impfkampagne gesetzt. Inzwischen hat die Hälfte der insgesamt gut neun Millionen Israelis bereits die zweite Impfdosis erhalten. Das Leben ist pünktlich zum Wahltermin weitgehend zur Normalität zurückgekehrt. Allerdings sorgte die Pandemie auch bei dieser Wahl noch für besondere Vorkehrungen, die eine rasche Auszählung aller Stimmen erschweren. So hat sich zum Beispiel die Zahl der Wahllokale von 11 000 auf knapp 14 000 erhöht, um Gedränge bei der Stimmabgabe zu vermeiden.

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