USA und Israel:Wenn Netanjahus Nachfolger Trumps Nachfolger besucht

Lesezeit: 1 min

Israels Premier Naftali Bennett (links) zu Gast bei US-Außenminister Antony Blinken in Washington. (Foto: Olivier Douliery/REUTERS)

Naftali Bennett trifft in Washington auf Joe Biden und auf viel Wohlwollen. Doch in einer Frage sind sich die Regierungen nicht einig.

Von Hubert Wetzel, Washington

Israels neuer Regierungschef Naftali Bennett will an diesem Freitag zu seinem ersten Treffen mit US-Präsident Joe Biden zusammenkommen. Ursprünglich waren die Gespräche für Donnerstag geplant gewesen, wegen der Krise in Afghanistan verschob das Weiße Haus die Begegnung jedoch. Vor dem geplanten Besuch im Weißen Haus hatte Bennett zunächst Außenminister Antony Blinken und Verteidigungsminister Lloyd Austin getroffen - ein Zeichen für den hohen Stellenwert, den das Verhältnis zu Israel in Washington hat.

Bennett wurde in Washington mit großem Wohlwollen empfangen. Das liegt zum einen daran, dass sein Vorgänger Benjamin Netanjahu ein enger Verbündeter des abgewählten US-Präsidenten Donald Trump war und das oft gezeigt hat. Trumps Politik gegenüber Israel bestand in erster Linie darin, der Regierung in Jerusalem weitgehend freie Hand für ihre Siedlungspolitik zu geben. Zudem verlegte Trump die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem und erkannte Israels Annexion der Golan-Höhen an. Nach Trumps Wahlniederlage zögerte Netanjahu zunächst, Biden zum Sieg zu gratulieren. Biden revanchierte sich, indem er sein erstes Telefonat mit Netanjahu nach seinem Amtsantritt hinausschob.

Zum anderen ist Washington nach Angaben ranghoher Regierungsvertreter erfreut, dass Bennetts Regierung sich auf eine breite Koalition im Parlament stützt, zu der auch eine israelisch-arabische Partei gehört. Obwohl dieses Bündnis nur eine knappe Mehrheit im Parlament besitzt, repräsentiere es die Vielfalt der israelischen Gesellschaft besser als Netanjahus rechte Koalitionen, heißt es. Auch das persönliche Verhältnis zwischen Bennett und Biden ist unbelastet.

Wegen Iran ist Israel extrem nervös

Allerdings gibt es politische Differenzen, vor allem was den Umgang mit Teheran angeht. Seit Trump 2018 das Atomabkommen mit Iran gekündigt hat, hat das Land sein Nuklearprogramm trotz schmerzhafter Wirtschaftssanktionen erheblich vorangetrieben. Die USA schätzten, dass Teheran inzwischen nur noch wenige Monate benötigen würde, um eine Atombombe zu bauen.

Israel, das sich aus Iran immer wieder Vernichtungsdrohungen anhören muss, ist deswegen extrem nervös und würde Washington gerne dazu bringen, bereits jetzt militärische Optionen zu erwägen. US-Vertreter lehnen das aber ab. Zuerst will Biden versuchen, das Atomabkommen wieder in Kraft zu setzen. "Wir haben uns auf den diplomatischen Weg festgelegt", sagte ein US-Diplomat am Mittwoch. Erst wenn dieser scheitere, stünden "andere Optionen" zur Wahl.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Israels neue Regierung
:Unter Druck des Abgeordneten Bibi

Der israelische Premierminister Bennett und sein buntes Bündnis aus acht Parteien haben erste Bewährungsproben überstanden. Doch der frühere Regierungschef Netanjahu gibt noch lange nicht auf.

Von Peter Münch

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: