Israel:Trump löst neue Bau-Träume aus

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Spaziergang auf umstrittenem Gelände: Eine Familie in Mitzpe Dani, einer Siedlung, die auf palästinensischem Privatbesitz erbaut wurde. (Foto: Menahem Kahana/AFP)

Der Wandel in Washington beflügelt Israels Rechte. Vor allem die Siedlerpartei erhofft sich vom künftigen US-Präsidenten Rückhalt für ihre politischen Pläne.

Von Peter Münch, Tel Aviv

Donald Trump beflügelt die Träume der israelischen Rechten. Schließlich hat der künftige US-Präsident nicht nur stets betont, wie groß seine Freundschaft zum jüdischen Staat sei, er hat auch bereits ein bedeutsames Signal gegeben: Den Siedlungsbau auf besetztem palästinensischem Land, so sagte er im Wahlkampf, sehe er nicht als Hindernis auf dem Weg zum Frieden an. Das ist die komplette Umkehr der bisherigen US-Politik - und wird in Israel von vielen als Startschuss verstanden für die Intensivierung der völkerrechtswidrigen Bauvorhaben.

Natürlich weiß auch in Jerusalem niemand, was genau von Trump und seinen Versprechungen zu halten ist. Öffentlich hatte deshalb Premierminister Benjamin Netanjahu seine Kabinettskollegen aufgefordert, sich mit Vorhersagen und Jubelgesängen zurückzuhalten. Alles Notwendige solle "durch stille Kanäle und nicht durch Interviews oder Erklärungen" ausgetauscht werden. Doch die Dämme sind längst gebrochen. Naftali Bennett, Erziehungsminister und Chef der Siedlerpartei Jüdisches Heim, sieht durch den Wandel in Washington "eine einzigartige Chance für Israel", die gesamte nahöstliche Politik neu zu gestalten, wie er Auslandskorrespondenten sagte. Zuvor schon hatte er die Pläne zur Gründung eines Palästinenserstaats nach Trumps Wahl für tot erklärt.

Frohgemut fordert überdies der Likud-Minister Ofir Akunis, der als Vertrauter von Netanjahu gilt, eine neue Siedlungsbauwelle. Und der in Jerusalem für Stadtplanung zuständige Vize-Bürgermeister Dov Kalmanovich erklärte, die Zeit der Bau-Zurückhaltung sei vorbei: "Ab jetzt werden die Pläne wieder aus der Tiefkühltruhe geholt." Ein erster sichtbarer Ausdruck für den Aufbruch ist ein Gesetzentwurf, dem bereits das zuständige Ministerkomitee zugestimmt hat und noch in dieser Woche erstmals in der Knesset verhandelt werden soll: Nachträglich sollen damit all jene Siedlungsbauten legalisiert werden, die auf palästinensischem Privatbesitz errichtet wurden. Auslöser für das Gesetz ist ein seit Jahren strittiger Siedlungs-Außenposten namens Amona. Weil er nach einer endgültigen Entscheidung der Gerichte bis zum 25. Dezember geräumt werden muss, soll er nun im Eilverfahren durch eine veränderte Rechtslage gerettet werden.

Dass dies ein einmalig dreistes Vorhaben ist, lässt sich auch nicht dadurch ummänteln, dass der Entwurf scheinheilig als "Regulierungsgesetz" firmiert. Er verstößt eindeutig gegen internationales Recht, selbst der Rechtsberater der Regierung Avichai Mandelblit hat vorhergesagt, dass er vor Israels Oberstem Gericht niemals Bestand haben werde. Netanjahu wäre es deshalb lieber gewesen, dieses waghalsige Gesetz erst einmal wieder in der Schublade verschwinden zu lassen. Doch im Hochgefühl des Washingtoner Rückenwindes will Siedlerpartei-Chef Bennett das Vorhaben durchpeitschen - und dabei kann er gleich noch die Gelegenheit nutzen, dem Regierungschef innenpolitisch eins auszuwischen. Denn während Netanjahu bremst, kann Bennett sich als wahrer und einziger Freund der Siedler profilieren.

Außenpolitisch birgt das ein gewisses Risiko, denn noch ist Trump nicht an der Macht. Die zweieinhalb Monate währende Übergabezeit könnte der Amtsinhaber Barack Obama immer noch nutzen, um den israelischen Siedlungs-Euphorikern in die Parade zu fahren. Möglich wäre zum Beispiel, dass die USA im UN-Sicherheitsrat eine gegen den Siedlungsbau gerichtete Resolution passieren lassen, statt sie wie üblich mit einem Veto zu blockieren. Doch wäre dies letztlich nicht mehr als ein Nachtreten des Verlierers. Nach dem 20. Januar bricht dann ohnehin eine neue Zeit an.

Für Israel, so prophezeit es auch das Außenministerium in Jerusalem, dürfte dies eine Zeit neuer Freiheiten sein. "Der diplomatische Prozess zwischen Israel und den Palästinensern wird für die Trump-Regierung keine Top-Priorität sein", heißt es in einem Schreiben an die Botschaften weltweit, aus dem die Zeitung Haaretz zitiert. Ohnehin sei von Trump "zu erwarten, dass er Amerikas Engagement in der Region zu reduzieren versucht".

Nachdem Barack Obama und sein Außenminister John Kerry die israelische Regierung in den vergangen Jahren bei jedem neuen Bauvorhaben im Westjordanland kritisiert hatten, ist dies zumindest für die Siedler-Freunde eine rundum gute Nachricht.

© SZ vom 16.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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