Israel: Neue Pläne für Siedlungsbau:Demonstrative Kraftmeierei

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Die Bauvorhaben der Israelis im Osten Jerusalems stoßen international auf heftige Kritik. Die Pläne scheinen zur Kraftprobe mit US-Präsident Obama zu werden.

Peter Münch

Wenn man hoch oben auf einem Bagger sitzt, um sich forsch ans Werk zu machen, wirken ein paar kleine Männchen mit Stoppschildern nicht sonderlich bedrohlich.

Pläne für neue Wohneinheiten in der jüdischen Siedlung Gilo: Die Bauvorhaben werden scharf kritisiert - auch in Washington. (Foto: Archiv-Foto: Reuters)

Das jedenfalls müssen sich die Israelis gedacht haben, als sie nun in einem Akt demonstrativer Kraftmeierei neue Baupläne im arabischen Ostteil von Jerusalem absegneten.

Internationale Proteste sind sie gewohnt, und sie haben sich auch daran gewöhnt, dies zu ignorieren. Diesmal aber könnten sie sich verrechnet haben: Denn die Bauvorhaben in Gilo scheinen zu einer Kraftprobe mit US-Präsident Barack Obama zu werden.

Die harsche Reaktion aus Washington zeigt, wie sehr sich die US-Regierung von diesem Schritt provoziert fühlt. In einer Zeit, in der Obama bis an den Rand der Selbstverleugnung den Boden für neue Gespräche zwischen Israelis und Palästinensern bereiten will, sind Bagger das Letzte, was er sehen will. Schließlich sind Israels Siedlungsaktivitäten für die Palästinenser erklärtermaßen das Haupthindernis für die Rückkehr an den Verhandlungstisch.

Allerdings hat es sich die US-Regierung selbst zuzuschreiben, dass ihre Nahost-Diplomatie auf diversen Baustellen festgefahren ist.

Der Schlingerkurs der vergangenen Wochen, in denen Netanjahu plötzlich signalisiert worden war, dass es Washington mit einem sofortigen Siedlungsbaustopp gar nicht mehr so ernst meint, hat viel Schaden angerichtet. Die Palästinenser sind entmutigt und fühlen sich verraten. Die Israelis dagegen sehen sich ermutigt, Forderungen aus dem Weißen Haus nicht mehr allzu ernst zu nehmen.

Wenn Obama sich nicht weiter vorführen lassen will, dann muss er nun in der Gilo-Frage Druck auf Israel ausüben. Nur so kann er etwas von der verlorenen Glaubwürdigkeit als Nahostvermittler zurückgewinnnen.

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