Vorläufiges Endergebnis der Wahl:Netanjahus Likud gewinnt noch einen Sitz dazu

Parlamentswahl in Israel 2019 - Premier Benjamin Netanjahu lässt sich feiern

Nun schon seine fünfte Amtszeit: Benjamin Netanjahu dürfte Premier bleiben, als Chef einer Koalition mit zum Teil ultrarechten Parteien.

(Foto: Oliver Weiken/dpa)
  • Netanjahus Likud wird bei der Wahl stärkste Partei und bekommt einen Sitz mehr als das Parteienbündnis Blau-Weiß.
  • Die Mehrheit von Netanjahus rechtem Parteienblock beträgt 65 der 120 Sitze.
  • Wegen technischer Probleme hat sich die Veröffentlichung des vorläufigen Wahlergebnisses verzögert, die Partei Neue Rechte verlangt eine Neuauszählung der Stimmen.

Von Alexandra Föderl-Schmid, Tel Aviv

Der Wahlausgang ist ein Triumph für Benjamin Netanjahu: Er geht deutlich gestärkt und als Wahlsieger aus dem Urnengang hervor. Seine Partei, der rechtsnationale Likud, hat mit knappem Abstand gewonnen. Der Vorsprung gegenüber dem Parteienbündnis Blau-Weiß von Benny Gantz betrug bei 6,3 Millionen Wahlberechtigten zwar nur einige tausend Stimmen, aber damit ist Netanjahu eindeutig Wahlsieger - zumal seine Partei einen Sitz mehr als Blau-Weiß hat. Likud erhielt mit einem Wahlergebnis von 26,45 Prozent 36 Sitze, Blau-Weiß mit 26,11 Prozent 35 Sitze.

Allen Korruptionsvorwürfen zum Trotz: Es ist das beste Ergebnis, das der Likud unter Netanjahus Führung erzielt hat. 2003 wurden unter Ariel Scharon 38 Sitze in der Knesset erobert. Damit kann Netanjahu seine fünfte Amtszeit als Ministerpräsident ansteuern.

Die vorläufigen Endergebnisse waren in der Nacht zum Freitag veröffentlicht worden - 60 Stunden nach Schließung der Wahllokale. Die Auszählung war nach Angaben des Wahlkomitees bereits am Donnerstagvormittag abgeschlossen. Auf der Homepage des Komitees wurde veröffentlicht, dass die Partei Neue Rechte den Einzug knapp geschafft hatte. Vertreter erklärten jedoch, dies sei nicht der Fall. Es gebe technische Pannen. Eine Sprecherin dementierte einen Hackerangriff und versicherte, die Auszählung per Hand sei korrekt.

Da die den Siedlern nahestehenden Partei der bisherigen Minister Naftali Bennett und Ajelet Schaked den Sprung in die Knesset um offenbar 1380 Stimmen verpasst hatte, verlangte sie eine Neuauszählung. Auch von Wahlbetrug war die Rede. Nach der Auszählung hatte es auch geheißen, ein Sitz sei von der Partei Vereinigtes Thora-Judentum zur linken Meretz gewandert. Schlussendlich hatte aber der Likud einen Sitz mehr. Das Oberste Gericht überprüft die Ergebnisse noch einmal und erst nach der Übergabe an den Präsidenten am 17. April sind sie offiziell.

Das vorläufige Endergebnis sieht für den rechten Block wie folgt aus: Der Likud erobert 36 Sitze, die ultraorthodoxen Parteien Schas und Vereinigtes Thora-Judentum haben acht bzw. sieben Sitze, Unser Haus Israel und die Union rechter Parteien je fünf und Kulanu vier Sitze. Blau-Weiß wird in der Knesset 35 Sitze besetzen, die Arbeitspartei ist mit sechs Sitzen auf einem historischen Tiefstand gelandet, die linke Meretz kann vier Sitze für sich verbuchen. Die zwei arabischen Listen mit je zwei Parteien kommen auf zehn Sitze: Sechs für Hadasch-taal und vier für Raam-Balad.

Netanjahu wird versuchen, erneut mit sechs Parteien zu regieren

Dass die ultraorthodoxe Partei Vereinigtes Thora-Judentum einen Sitz weniger und der Likud einen mehr hat, stärkt Netanjahu ebenfalls. Die ebenfalls ultraorthodoxe Schas-Partei hat dem Regierungschef kaum Probleme bereitet. Aber deren Vorsitzender Arye Deri dürfte einer neuen Regierung nicht mehr angehören. Der bisherige Innenminister muss mit einer Anklage wegen Korruption rechnen. Die Partei Vereinigtes Thora-Judentum löste mit ihren Forderungen nach Arbeitsverbot am Schabbat und der Befreiung der streng religiösen Juden vom Wehrdienst dagegen mehrere Koalitionskrisen aus. Wenn der Zuwachs für diese Partei nun etwas geringer ausfällt, dann hat das auch Einfluss auf ihr Gewicht in der Koalition.

Deren Bildung dürfte kompliziert weden. 2015 startete Netanjahu mit einer Regierung aus fünf Parteien und einer knappen Mehrheit von 61 der 120 Sitze in der Knesset. Ein Jahr später nahm er Avigdor Lieberman und dessen Partei Unser Haus Israel mit in die Koalition, deren Mehrheit damit auf 67 Sitze anstieg. Als Lieberman, der Verteidigungsminister war, im vergangenen Herbst aus Protest gegen die seiner Ansicht nach zu laxen Reaktion Israels auf Raketen aus dem Gazastreifen zurücktrat, hielt sich die Koalition noch einige Wochen, ehe Netanjahu vorgezogene Wahlen bekannt gab.

Netanjahu wird nun alles daran setzen, erneut mit sechs Parteien regieren zu können. Er könnte theoretisch nur auf die vier Sitze von Kulanu verzichten, dann hätte er eine knappe Mehrheit von 61 der 120 Sitze. Die potenziellen Koalitionspartner stellen bereits Bedingungen: Lieberman will Zusagen für eine härtere Gazapolitik, die Union rechter Parteien, die auch die extremistische Jüdische Stärke in ihren Reihen hat, beansprucht die Ministerposten für Bildung und Justiz. Der Poker hat schon begonnen, noch ehe Präsident Reuven Rivlin offiziell den Regierungsbildungsauftrag vergeben hat.

Benny Gantz hat am Mittwochabend seine Niederlage eingeräumt und angekündigt, er werde in den nächsten zehn Jahren in der Politik bleiben. Dass das vom ehemaligen Generalstabschef erst vor zehn Wochen gegründete Parteienbündnis aus dem Stand fast gleichauf mit dem Likud landete, zeigt, dass es einen Wunsch nach Veränderung bei vielen Israelis gibt. Der Abstand zwischen dem Likud und der zweitstärksten Partei ist viel geringer als nach der Wahl 2015. Die Zionistische Union aus Arbeitspartei und Tzipi Livnis Bewegung hatte 24 Sitze, der Likud 30. Die jetzige Opposition ist aufgrund ihrer Sitzanzahl gestärkt. Gantz erklärte mit Blick auf die Netanjahu drohenden Korruptionsanklagen: "Wir haben eine Alternative zur Regierung gebildet."

Am Donnerstag übergab Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit den Anwälten von Netanjahu Belastungsmaterial in den drei Korruptionsfällen, in denen der Regierungschef mit einer Anklage wegen Bestechlichkeit, Untreue und Betrug rechnen muss. Damit sollen sie sich auf die spätestens im Juli erwartete Anhörung vorbereiten können. Dann wird endgültig über Anklagen entschieden. Ein Prozess könnte nach Ansicht von Rechtsexperten frühestens im Dezember beginnen.

Aber einer seiner Koalitionspartner in der von Netanjahu geschmiedeten Union rechter Partei hat bereits angeboten, ein Gesetz einzubringen, das dem Regierungschef Immunität zusichert. Dann könnte Netanjahu, der im Sommer Staatsgründer David Ben Gurion als längstdienender Regierungschef überholt, seinen Triumph noch länger auskosten.

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