Israelisches Regierungsflugzeug "Wing of Zion":Bibis lahmer Flügel

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Die israelische Antwort auf die "Air Force One" steht am Flughafen von Tel Aviv - und verstaubt. (Foto: Rami Mizrahi/Wikimedia Commons)

Eine fliegende Kommandozentrale mit VIP-Ausstattung: In der Ära Netanjahu bestellte Israel ein kostspieliges Regierungsflugzeug. Das ist nun bereit - doch die Nachfolger des Premiers wollen nicht einsteigen.

Von Peter Münch, Tel Aviv

In strahlendem Blau und Weiß steht die Boeing 767 auf dem Tel Aviver Flughafen, der Davidstern prangt stolz am Heck. Nach langjähriger Planung und Vorarbeit ist Israels neues Regierungsflugzeug startbereit. Innen und außen ist alles aufs Feinste hergerichtet. Doch die Wing of Zion steht nur da - und hebt nicht ab.

An Gelegenheiten zum Einsatz hat es gewiss nicht gemangelt, seitdem die Maschine im vorigen Dezember von der israelischen Luftfahrtbehörde die offizielle Fluglizenz bekam. Doch als Premierminister Naftali Bennett neulich in die Vereinigten Arabischen Emirate flog oder Präsident Isaac Herzog vorige Woche in die Türkei - zwei Reisen, die als "historisch" bezeichnet wurden -, da nutzen sie dafür wie früher die eigens gecharterten Flugzeuge von El Al. Um die neue Regierungsmaschine machen sie einen großen Bogen, und das hat wohl mit einem Phänomen zu tun, das man als "Bibis Fluch" bezeichnen könnte.

Das ambitionierte Projekt eines Regierungsflugzeugs stammt aus der Ära des langjährigen Premiers Benjamin "Bibi" Netanjahu. Bekannt ist er nicht nur für machtvolle Auftritte, sondern auch für einen Hang zum Luxus. Für ihn war die Wing of Zion Israels logische Antwort auf die Air Force One, mit der die US-Präsidenten um die Welt fliegen. Für Netanjahus Gegner jedoch ist sie von Beginn an ein Symbol gewesen für Großmannssucht und womöglich auch für Korruption.

Reichlich Wünsche für den VIP-Bereich

Im Jahr 2014 hatte eine Regierungskommission den Kauf eines eigenen Flugzeugs für Reisen des Premiers und des Präsidenten aus Kosten- und aus Sicherheitsgründen empfohlen. Bei der australischen Fluggesellschaft Qantas erwarb man daraufhin eine bereits anno 2000 in Dienst gestellte Boing 767, die dem staatlichen Luftfahrtkonzern Israel Aerospace Industries zum Umbau übergeben wurde.

Auch wenn alle Details aus Sicherheitsgründen der Geheimhaltung unterliegen, so sickerte doch nach draußen, dass aus Netanjahus Büro reichlich Wünsche für den VIP-Bereich hinterlegt wurden. Neben Schlafzimmer, Küche und Bad gibt es einen Konferenzraum, auch "War Room" genannt, aus dem heraus jederzeit verschlüsselt mit der Außenwelt kommuniziert werden kann. Zudem soll ein topmodernes Raketenabwehrsystem installiert worden sein.

Es kam, wie es kommen musste bei solch einem Großprojekt: Die Kosten liefen schnell aus dem Ruder. Waren anfangs umgerechnet rund 110 Millionen Euro eingeplant worden, so summierte sich das Ganze am Ende auf mehr als 160 Millionen. Zudem wurde der Zeitplan gesprengt: Statt 2018 war das Regierungsflugzeug erst Ende 2021 einsatzbereit - und da war Netanjahu schon seit sechs Monaten nicht mehr im Amt.

Die Nachfolger wollen offenkundig mit dem Flugzeug nichts mehr zu tun haben. Außenminister Jair Lapid, der schon seit Jahren gegen das Projekt gewettert hat, plädiert für einen Verkauf. Doch eine solche Maschine dürfte schwer an den Mann zu bringen sein, zumal die geheime Sicherheitsausstattung vorher wieder entfernt werden müsste. Solange dies nicht geklärt ist, zahlen Israels Steuerzahler doppelt: für die Wartung des Regierungsflugzeugs und fürs Chartern der anderen Maschinen, mit denen Präsident und Premier auf Reisen gehen.

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