Süddeutsche Zeitung

Israel:Diesmal wird es Ernst für Netanjahu

Der Langzeitpremier hat schon viele politische Krisen überstanden. Aber jetzt formiert sich in Israel ein Bündnis zum Protest gegen seine Regierung, das so schnell nicht wieder verschwinden wird.

Kommentar von Peter Münch, Tel Aviv

Mit seinen 70 Lebens- und fast 15 Herrscherjahren hat Benjamin Netanjahu schon viele Protestbewegungen kommen und gehen sehen. Geblieben ist immer nur er, mittlerweile als Israels am längsten regierender Premierminister. Seine Überlebensformel ist ebenso schlicht wie bewährt: Teile und herrsche. Doch nun hat sich ein Bündnis zum Protest zusammengefunden, das so schnell nicht verschwinden und sich so leicht nicht teilen lassen wird.

Die landesweiten Demonstrationen gegen Netanjahus Regierung am Wochenende können - der Pandemie zum Trotz - als Vorbote für weitere Protestwellen gesehen werden. Denn es gehen nicht mehr allein die linken Friedensfreunde auf die Straße oder jene, die um Israels Demokratie fürchten, weil der Premier ungerührt im Amt bleibt, obwohl er wegen Korruption vor Gericht steht. Zu den Idealisten haben sich nun viele von denen gesellt, die wegen der chaotischen Handhabe der Corona-Krise um ihre Existenz fürchten, und darunter sind auch Wähler von Netanjahus Likud-Partei.

Die Sorgen und die Wut dieser breiten Bewegung wird Netanjahu nicht zerstreuen können durch seine sonst üblichen Ablenkungsmanöver. Die Krise ist ernst in Israel, und ernst wird die Lage damit auch für den dafür verantwortlichen Regierungschef.

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Quelle:
SZ vom 27.07.2020
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