Israel:Netanjahu entlässt Minister

Israels Regierungschef will Handlungsfähigkeit demonstrieren.

Von Alexandra Föderl-Schmid, Tel Aviv

Avi Gabbay

Ungewisse Zukunft: Avi Gabbay, Chef der Israelischen Arbeiterpartei.

(Foto: Sebastian Scheiner/AP)

Nach den gescheiterten Verhandlungen zur Bildung einer Regierung wollte der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu am Sonntag Handlungsfähigkeit demonstrieren. Er feuerte ohne Ankündigung Justizministerin Ajelet Schaked und Bildungsminister Naftali Bennett. Deren Partei Neue Rechte hatte bei der Wahl am 9. April den Einzug ins Parlament nicht geschafft. Vertraute von Netanjahu erklärten, die beiden könnten ohne Mandat nicht bis zur nächsten Wahl am 17. September im Amt bleiben. Zunächst war unklar, ob Netanjahu beide Minister durch Politiker seiner Likud-Partei oder die Vorsitzenden der neuen Union rechter Wähler, Rafi Peretz und Bezalel Smotrich, ersetzt.

Aber nicht nur Netanjahu ist durch das Gezerre rund um die Koalitionsbildung politisch angeschlagen. Der Chef der Arbeitspartei, Avi Gabbay, ist mit Rücktrittsforderungen konfrontiert. Gabbay kündigte am Sonntag an, dass "zum frühestmöglichen Zeitpunkt" der Parteivorsitzende neu gewählt werden soll. Dies werde er am Dienstag den Parteigremien vorschlagen. Gabbay ließ den Termin offen und ob er selbst erneut kandidieren wird. Wer immer gewählt wird, führt die Awoda als Spitzenkandidat im Wahlkampf. Unter Gabbays Führung stützte die Partei ab, im April erhielt sie nur sechs von 120 Sitzen in der Knesset.

Gabbay war nicht nur wegen des historisch schlechtesten Ergebnisses unter Druck geraten. Als bekannt wurde, dass er mit Netanjahu stundenlang über eine Regierungsbeteiligung verhandelt hatte, brach parteiintern ein Sturm der Entrüstung los. Im Wahlkampf hatte der Awoda-Chef wiederholt beteuert, nie einer von Netanjahu angeführten Regierung angehören zu wollen. Netanjahu hatte ihm Mittwoch das Finanzministerium und weitere maßgeschneiderte Posten für Awoda-Politiker angeboten. Dass er mit einigen Vertrauten über das Angebot diskutiert hatte, gab Gabbay erst nach Medienberichten zu.

Später wurde publik, dass Gabbay Netanjahu mit seinem Handy gefilmt hat, als der Premierminister schwor, nie wieder mit Avigdor Lieberman zusammenzuarbeiten. Mit Lieberman hatte Netanjahu parallel verhandelt. Der Vorsitzende der Partei Unser Haus Israel hatte darauf beharrt, dass mehr ultraorthodoxe Juden zum Wehrdienst eingezogen werden.

Widersprüchliche Angaben gibt es über ein weiteres angebliches Angebot Netanjahus: Laut Gabbay habe dieser ihm zugesichert, kein Gesetz voranzutreiben, das ihm automatisch Immunität zugesichert oder die Entmachtung des Obersten Gerichtshofs zum Ziel hätte. Likud-Vertreter widersprachen: Als Koalitionspartner hätten Abgeordnete der Arbeitspartei gegen eine Aufhebung der Immunität Netanjahus stimmen müssen. Dieser habe nur zugesagt, kein Gesetz anzustreben, das automatisch Straffreiheit bedeutet hätte.

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