Regierungsbildung:Rechts-religiöses Bündnis in Israel

Regierungsbildung: Die Zusammenarbeit ist beschlossen: der designierte israelische Premierminister Benjamin Netanyahu (links) mit Arye Deri, Chef der Schas-Partei, der trotz einer Bewährungsstrafe wegen Steuerhinterziehungen Minister werden soll.

Die Zusammenarbeit ist beschlossen: der designierte israelische Premierminister Benjamin Netanyahu (links) mit Arye Deri, Chef der Schas-Partei, der trotz einer Bewährungsstrafe wegen Steuerhinterziehungen Minister werden soll.

(Foto: Gil Cohen-Magen/AFP)

In Netanjahus neuer Regierung werden ultraorthodoxe und nationalistische Minister vertreten sein. Staatspräsident Isaac Herzog mahnt, sie trage Verantwortung für die ganze Bevölkerung. 

Von Peter Münch, Tel Aviv

Mit einem rechts-religiösen Regierungsbündnis übernimmt in Israel Benjamin Netanjahu wieder die Macht. Mehr als sieben Wochen nach der Parlamentswahl verkündete der 73-Jährige unmittelbar vor Ablauf einer dafür gesetzten Frist den erfolgreichen Abschluss der Koalitionsverhandlungen. Vereidigt werden soll die neue Ministerriege voraussichtlich in der nächsten Woche. Israels Staatspräsident Isaac Herzog wünschte Netanjahu nicht nur Erfolg, sondern mahnte ihn mit Blick auf seine ultraorthodoxen und nationalistischen Partner, dass die Regierung Verantwortung "für die ganze israelische Bevölkerung" trage. "Ich hoffe, dass sich alle jetzt dieser Mission verschreiben", sagt er.

Diese Worte spiegeln die Sorge wider vor einem Rechtsruck in Israel, der zu inneren Spannungen sowie einer Eskalation des Konflikts mit den Palästinensern führen könnte. Im Parlament verfügt die künftige Regierungskoalition über eine Mehrheit von 64 der insgesamt 120 Sitze. Nach fünf Wahlen in dreieinhalb Jahren und einer Phase politischer Instabilität schafft dies die Grundlage für ein relativ ungestörtes Regieren.

Netanjahus rechtskonservative Likud-Partei stellt dabei nur die Hälfte der Regierungsmandate. Die andere Hälfte verteilt sich auf die beiden ultraorthodoxen Parteien Schas und Vereinigtes Thora-Judentum sowie die Wahlliste der Religiösen Zionisten, die sich inzwischen in der Knesset wieder in drei Fraktionen aufgespalten hat. Die Protagonisten dieser rechtsextremen Gruppierungen haben sich in den Koalitionsverhandlungen einflussreiche Posten gesichert und einen radikalen Umbau Israels angestoßen.

So wird Itamar Ben-Gvir, der bereits wegen Aufhetzung und Unterstützung einer jüdischen terroristischen Vereinigung verurteilt wurde, als Minister für Nationale Sicherheit die Kontrolle über die Polizei und die vor allem in den besetzten palästinensischen Gebieten operierende Grenzpolizei übernehmen. Finanzminister wird Bezalel Smotrich, der zudem noch einen neu geschaffenen Ministerposten im Verteidigungsressort übernehmen soll. Dort ist der Verfechter eines ungebremsten Siedlungsbaus dann für die Siedler zuständig.

Um diesen Postenzuschnitt abzusichern, sollen vor einer Vereidigung der Regierung noch im Eiltempo mehrere Gesetze durchs Parlament gebracht werden. Eines davon soll auch sicherstellen, dass der Chef der Schas-Partei, Arye Deri, trotz einer Bewährungsstrafe wegen Steuerhinterziehungen Minister werden kann. Angekündigt haben die Koalitionäre zudem weitreichende Änderungen im Justizsystem. Dies hat bereits die Rechtsberaterin der Regierung, Galit Baharav-Miara, auf den Plan gerufen mit der Warnung, ohne eine unabhängige Justiz wäre Israel "eine Demokratie nur dem Namen nach, aber nicht in der Essenz."

Noch liegt kein endgültiges Koalitionsabkommen vor. Bis zur Vereidigung dürfte noch weiter um Israels künftigen Kurs gerungen werden. Als erster ausländischer Staatschef nach Netanjahus Vollzugsmeldung zur Regierungsbildung griff Russlands Präsident Wladimir Putin zum Telefon und gratulierte.

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