Nahost-Konflikt:Friedensinitiative vor dem Ramadan

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Zum elften Mal in Folge gingen am Samstag Hunderttausende in Tel Aviv gegen die geplante Reform des Justizsystems auf die Straße. (Foto: Tsafrir Abayov/dpa)

Bei einem Gipfelgespräch soll eine Lösung für das Ende der Gewaltspirale zwischen Israelis und Palästinensern gefunden werden. Währenddessen gibt es in Israel weiter Massenproteste gegen die geplante Justizreform.

Von Sina-Maria Schweikle

Die Sicherheitslage in Israel und den Palästinensergebieten ist seit Langem angespannt. Doch seit dem Amtsantritt der rechts-religiösen Regierung unter Premierminister Benjamin Netanjahu hat sich der Konflikt noch einmal deutlich verschärft. In einem jüngst veröffentlichten Bericht der Associated Press sind ihm seit Anfang des Jahres 14 Menschen auf israelischer und 85 auf palästinensischer Seite zum Opfer gefallen. Und in wenigen Tagen beginnt der muslimische Fastenmonat Ramadan, der schon oft zu einer Zeit des Kämpfens geworden ist. Um die angespannte Situation zu beruhigen, nahmen nun Vertreter Israels und der Palästinenser bei Gesprächen in Ägypten an diesem Sonntag einen neuen Anlauf zur Beruhigung der Lage.

Das Treffen in Scharm el-Scheich solle unter Beteiligung der USA und Jordaniens den Dialog zwischen Israelis und Palästinensern fördern, erklärte das Außenministerium in Kairo. Die Gewaltspirale solle gebrochen und die Eskalation gestoppt werden. Dies könne dabei helfen, die Bedingungen für eine Wiederaufnahme des Friedensprozesses zu schaffen. In einer gemeinsamen Stellungnahme erklärten die beteiligten Parteien nach israelischen Medienberichten im Anschluss an das Treffen ihr "Engagement für die Förderung von Sicherheit, Stabilität und Frieden für Israelis und Palästinenser gleichermaßen".

Beide Seiten haben sich zu einer Deeskalation verpflichtet und sich verabredet, jede weitere Eskalation zu vermeiden. Israelis und Palästinenser wollen "einseitige Maßnahmen" für drei bis sechs Monate aussetzen, hieß in einer gemeinsamen Erklärung. Israel verpflichtete sich demnach, vier Monate lang keine Diskussionen über den Bau neuer Siedlungen im Westjordanland zu führen und sechs Monate lang keine neuen Siedlungs-Außenposten zu genehmigen. Eine gleichlautende Erklärung wurde bereits Ende Februar bei einem ersten Gipfeltreffen in Jordanien abgegeben.

Doch gestoppt werden konnte die Gewalt seither nicht. Wie nach den Verhandlungen in Jordanien im Februar kam es auch an diesem Sonntag zu einer Gewalttat in der palästinensischen Stadt Hawara, wo ein bewaffneter Palästinenser einen israelischen Mann angeschossen und schwer verwundet hat.

Regierung von Netanjahu in einer Pattsituation

Die Diskussion um den Nahostkonflikt ist nicht der einzige Unruheherd im Land. Zum elften Mal in Folge gingen am Samstag Hunderttausende Menschen auf die Straße, um gegen die sogenannte Justizreform zu demonstrieren. Nach Plänen der rechts-religiösen Regierung soll es dem Parlament künftig möglich sein, mit einfacher Mehrheit Entscheidungen des höchsten Gerichts aufzuheben. Außerdem sollen Politiker bei der Ernennung von Richtern mehr Einfluss erhalten. Seit Wochen befindet sich Netanjahus Kabinett in einer Pattsituation. Vergangenen Mittwoch hatte Staatspräsident Herzog einen Kompromissvorschlag vorgelegt und warnte vor einem "Bruderkrieg".

Die Opposition stellte sich hinter den Vorschlag, Premierminister Netanjahu wies ihn umgehend zurück. Um ihren Unmut über die geplante Justizreform kundzutun, haben nun Hunderte Eliteoffiziere aus der Militärreserve angekündigt, den Dienst zu verweigern: "Wir melden uns ab heute nicht mehr als Freiwillige für den Reservedienst, und wir werden gerne zurückkehren, wenn die Demokratie sicher ist", sagte ein Unteroffizier an diesem Sonntag zu israelischen Medien. Nach israelischen Medienberichten könnten zentrale Punkte der Reform vor Beginn der Parlamentspause Anfang April abgesegnet werden.

Beobachter gehen davon aus, dass die Entmachtung der unabhängigen Justiz nur ein Anfang ist. Im Programm der teils offen rassistischen Siedlerparteien stehen auch die weitere und schnellere Landnahme im besetzten Westjordanland sowie uneingeschränkte Rechte für die Siedler und die israelischen Sicherheitskräfte beim Vorgehen gegen die Palästinenser.

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Die Vertreter der Konfliktparteien, die sich am Sonntag in Ägypten getroffen haben, sollen nun einen Weg aus der Gewaltspirale finden. In der israelischen Zeitung Haaretz heißt es, dass die Gruppe zu einem ständigen Forum werden soll, das unter der Schirmherrschaft der USA, Jordaniens und Ägyptens regelmäßig zur Sicherheitslage zwischen Israel und Palästinensern beraten soll. Israel plane demnach, eines der nächsten Treffen auszurichten.

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