Israel:Likud-Chef wird neu gewählt

Premier Netanjahu gerät auch in seiner eigenen Partei stärker unter Druck. Nun hat er zugestimmt, dass Wahlen über den Parteivorsitz abgehalten werden. Er selbst will wieder antreten.

Von Alexandra Föderl-Schmid, Tel Aviv

Der mit drei Anklagen wegen Korruption konfrontierte israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat am Sonntagabend auf den immer stärker werdenden Druck aus den eigenen Reihen reagiert. Netanjahu stimmte zu, dass binnen sechs Wochen Wahlen über den Vorsitz in seiner rechtsnationalen Likud-Partei abgehalten werden. Er selbst will wieder antreten. Zuvor hatten zwei Parteigranden auf personelle Veränderungen gedrängt: Der ehemalige Jerusalemer Bürgermeister, Nir Barkat, schlug vor, erstmals einen Stellvertreter zu wählen, der Netanjahu rasch an der Spitze der Partei ersetzen könnte, falls dieser eine Auszeit nehmen müsste.

Der frühere Innenminister Gideon Saar beantragte am Sonntag sogar formal eine parteiinterne Neuwahl des Likud-Chefs nach den Anklagen gegen Netanjahu. "Glaubt irgendwer, dass er nach einer dritten, vierten, fünften oder sechsten Wahl eine Regierung bilden kann?", begründete Saar seinen Vorstoß.

Saar forderte eine Entscheidung binnen zwei Wochen, damit der neue Spitzenkandidat versuchen könne, noch während der 21-Tages-Frist der Knesset ein Mandat zur Regierungsbildung zu bekommen. Bis 11. Dezember haben die Abgeordneten Zeit, sich mit Mehrheit auf einen Kandidaten zu verständigen, der eine Koalition bilden soll - ansonsten gibt es zum dritten Mal binnen eines Jahres Wahlen in Israel. Netanjahu ließ offen, ob er zu einer raschen Wahl bereit ist. Am Donnerstag befassen sich die Parteigremien mit dem Thema.

Auch Benny Gantz warb noch einmal für eine Einheitsregierung seines blau-weißen Parteienbündnisses und des Likud und präsentierte Vorschlag: Er wolle selbst als Ministerpräsident zwei Jahre amtieren. Sollte in dieser Zeit Netanjahu freigesprochen werden, "könnte er wieder in das Amt des Regierungschefs zurückkehren", bot Gantz an. Netanjahu gab am Sonntag keine Auskunft darüber, ob er zumindest die Ressorts Gesundheit, Soziales, Landwirtschaft und Diaspora abgeben wird.

Die Opposition hatte dies von ihm verlangt mit Blick auf das Gesetz, das Ministern vorschreibt, sie müssen im Falle einer Anklageerhebung ihre Agenden zurücklegen. Als Ministerpräsident kann er bis zu einer rechtskräftigen Verteilung im Amt bleiben. Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit will laut Medienberichten bis zum Ende dieser Woche eine Entscheidung bekannt geben, ob Netanjahu als Angeklagter überhaupt eine Regierung bilden darf. Der mit dem Fall Netanjahu befasste Staatsanwalt Shai Nitzan hatte sich bereits festgelegt, dass dies nicht möglich sei.

Saar beantragte eine parteiinterne Neuwahl des Likud-Vorsitzenden

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