Krieg in Nahost:Blinken fordert „fundamentale Änderungen“ von Israels Militär im Westjordanland

US-Außenminister Antony Blinken bei einer Pressekonferenz in London. (Foto: ALBERTO PEZZALI/AFP)

Es sei „inakzeptabel“, dass inzwischen zwei US-Staatsbürger ums Leben gekommen seien, sagt der US-Außenminister mit Blick auf eine getötete Aktivistin. Israels Militär hatte zuvor eingeräumt, für den Tod der Frau verantwortlich zu sein.

Alle Entwicklungen im Liveblog

Viele Angaben stammen von israelischen oder palästinensischen Behörden und lassen sich teilweise nicht unabhängig überprüfen. Für unseren Liveblog verwenden wir neben eigenen Recherchen Material der Nachrichtenagenturen dpa, Reuters, epd, KNA und Bloomberg.

Wichtige Updates

Israel bietet Hamas-Anführer Sinwar Ausreise aus Gaza an

Palästinensische Vertreter sitzen erstmals in der UN-Vollversammlung

Nach Angriff in humanitärer Schutzzone: Hamas korrigiert Opferzahl nach unten

Mindestens 19 Tote nach Angriff in Schutzzone

Fotos und Videos zeigen Folgen des Angriffs in Schutzzone al-Mawasi

Juri Auel
Juri Auel

Blinken: Israelisches Militär muss sein Vorgehen ändern 

US-Außenminister Antony Blinken hat das israelische Militär nach dem Tod einer US-Bürgerin im Westjordanland zu „fundamentalen Änderungen“ seiner Vorgehensweise aufgerufen. Es sei „inakzeptabel“, dass inzwischen zwei US-Staatsangehörige getötet worden seien, sagte Blinken bei einer Pressekonferenz mit seinem britischen Kollegen David Lammy in London.

Das israelische Militär hatte eingeräumt, für den Tod einer propalästinensischen Aktivistin im Westjordanland in der vergangenen Woche verantwortlich zu sein. Die Frau hatte sowohl die türkische als auch die US-Staatsbürgerschaft. Sie wurde laut Israel unabsichtlich erschossen. Die Schüsse der Soldaten hätten dem Hauptverantwortlichen des gewaltsamen Protestes gegolten, hieß es in einer Mitteilung des Militärs. Man bedauere den Tod der Aktivistin zutiefst.  US-Verteidigungsminister Lloyd Austin bezeichnete ihn "unprovoziert und ungerechtfertigt". 

Blinken sagte zu dem Vorfall: „Niemand sollte sein Leben riskieren, nur um frei seine Ansichten zum Ausdruck zu bringen.“ Israels Sicherheitskräfte müssten einige fundamentale Änderungen an ihrer Vorgehensweise im Westjordanland vornehmen, einschließlich ihrer Regeln zum Einsatz von Waffen, betonte der US-Politiker. „Wir sehen seit Langem Berichte über Sicherheitskräfte, die wegschauen, wenn extremistische Siedler Gewalt gegen Palästinenser anwenden. Wir haben Berichte über exzessive Gewalt durch israelische Sicherheitskräfte gegen Palästinenser gesehen und jetzt haben wir den zweiten US-Staatsbürger, der von israelischen Sicherheitskräften getötet wird. Das ist inakzeptabel“, sagte Blinken.
Nadja Tausche
Nadja Tausche

Israel bietet Hamas-Anführer Sinwar Ausreise aus Gaza an

Angesichts stockender Verhandlungen über eine Waffenruhe und einen Geisel-Deal macht Israel der Terrororganisation Hamas ein Angebot zur sicheren Ausreise ihres Anführers Jihia al-Sinwar aus dem Gazastreifen. „Ich bin bereit, Sinwar, seiner Familie und jedem, der sich ihm anschließen möchte, einen sicheren Korridor zu ermöglichen“, sagte der für die Geiseln und Vermissten zuständige Brigadegeneral Gal Hirsch in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Bloomberg. „Wir wollen die Geiseln zurück. Wir wollen Entmilitarisierung, Entradikalisierung und natürlich ein neues System zur Verwaltung von Gaza."

Dem Bericht zufolge hat der Sonderkoordinator von Premierminister Benjamin Netanjahu für die Rückführung der Geiseln das Angebot bereits vor rund zwei Tagen auf den Tisch gelegt. Zu einer möglichen Reaktion äußerte Hirsch sich demnach nicht. Wo sich Sinwar derzeit aufhält, ist nicht bekannt. Vermutet wird, dass er sich in dem weit verzweigten Tunnelnetz unter dem Gazastreifen aufhält.

Ein Hamas-Vertreter hatte Mitte Januar gesagt, dass die Anführer im Gazastreifen diesen nicht freiwillig verlassen werden. „Entweder Sieg oder der Märtyrertod“, sagte eine Quelle der Hamas der Deutschen Presse-Agentur in Beirut. Gaza sei ihr Land und das Blut der Anführer sei nicht wertvoller als das der Menschen.

Sinwar ist seit August 2024 Anführer der Hamas. Er ist der Nachfolger von Ismail Hanija, der bei einem mutmaßlich israelischen Angriff in der iranischen Hauptstadt Teheran starb. Sinwar wurde 1962 in Chan Yunis im Gazastreifen geboren.
Kassian Stroh
Kassian Stroh

Palästinensische Vertreter sitzen erstmals in der UN-Vollversammlung

Erstmals haben die Palästinenser in der UN-Vollversammlung zwischen den 193 Mitgliedsländern der Vereinten Nationen Platz genommen. Beim ersten Treffen der 79. Sitzungsperiode des größten UN-Gremiums saßen palästinensische Diplomaten für den „Staat Palästina“ zwischen Sri Lanka und dem Sudan. Ein Vertreter Ägyptens nannte dies in der Sitzung einen historischen Moment. Es gab Applaus aus dem Plenum. 

Bislang hatte Palästina in der Vollversammlung lediglich den Status eines Beobachters, die Vertreter saßen auf einem Platz hinter den Diplomaten der Mitgliedstaaten. Im Mai nahm die Vollversammlung dann eine Resolution an, die die Rolle der Palästinenser stärkte. Mit überwältigender Mehrheit stimmte sie damals einer deutlich erweiterten Teilnahme der Palästinenser an ihren Sitzungen zu. Ein Vollmitglied der Vereinten Nationen ist Palästina aber weiter nicht, es hat auch kein reguläres Stimmrecht. 

Die Vollversammlung rief den Weltsicherheitsrat zugleich dazu auf, eine Vollmitgliedschaft Palästinas „wohlwollend“ zu prüfen. Der ist in dieser Frage maßgebend - und dort haben die USA, anders als in der Vollversammlung, ein Veto-Recht, mit dem sie eine palästinensische Vollmitgliedschaft bisher verhinderten.
Riyad Mansour, Botschafter der Palästinenser bei den Vereinten Nationen, in der Vollversammlung.
Riyad Mansour, Botschafter der Palästinenser bei den Vereinten Nationen, in der Vollversammlung. Foto: Yuki Iwamura/AP
Juri Auel
Juri Auel

UN beklagen erneut Bedrohung von Mitarbeitern im Gazastreifen

Bei einem Zwischenfall mit einem UN-Fahrzeugkonvoi und der israelischen Armee im Gazastreifen wurden humanitäre Helfer nach Angaben der Vereinten Nationen umzingelt und bedroht. „Die Situation eskalierte sehr schnell, als Soldaten ihre Waffen direkt auf unser Personal im Konvoi richteten, die UN-Fahrzeuge von israelischen Streitkräften umzingelt wurden und Schüsse abgefeuert wurden“, sagte UN-Sprecher Stéphane Dujarric in New York. Das Ganze soll am Montag an einem Kontrollpunkt im zentralen Gazastreifen stattgefunden haben. 
 
„Dann näherten sich dem Konvoi Panzer der israelischen Armee und ein Bulldozer, die die UN-Fahrzeuge von vorne und hinten rammten und den Konvoi mit den UN-Mitarbeitern darin zusammendrückten“, so Dujarric weiter. Bei den abgegebenen Schüssen habe es sich eher um Warnschüsse gehandelt, erklärte er. Verletzt worden sei niemand.
 
Hintergrund sei gewesen, dass israelische Streitkräfte zwei der zwölf UN-Mitarbeitenden, die die Polio-Impfkampagne im Gazastreifen unterstützen, vernehmen wollten. Es handelte sich UN-Angaben zufolge um Palästinenser. Die Armee hatte dazu am Montag mitgeteilt, es habe Geheimdienstinformationen gehabt, denen zufolge sich eine „Anzahl palästinensischer Verdächtiger“ in dem Konvoi aufhielt. 

Dujarric zufolge konnte der Konvoi nach mehr als sieben Stunden, während der auch die UN-Mitarbeiter befragt wurden, zu seiner Basis zurückkehren. „Bei diesem Vorfall wurde deutlich, dass das Verhalten der israelischen Streitkräfte vor Ort das Leben unserer Mitarbeiter in Gefahr brachte“, sagte er.
 
Das Verhältnis zwischen Israel und den Vereinten Nationen gilt besonders im Zuge des Krieges als belastet. Israelische Vertreter hatten Mitarbeiter des UN-Palästinenserhilfswerks wiederholt in die Nähe von Terroristen gerückt. Im vergangenen Monat war nach UN-Angaben ein UN-Fahrzeug in einem Konvoi von israelischen Soldaten beschossen worden. Die Armee kündigte eine Untersuchung der Vorwürfe an. 
Maximilian Kornprobst

Nach Angriff in humanitärer Schutzzone: Hamas korrigiert Opferzahl nach unten

Laut dem Gesundheitsministerium im Gazastreifen, das von der Hamas kontrolliert wird, sind bei dem israelischen Luftangriff in der humanitären Schutzzone al-Mawasi bei Chan Yunis 19 Personen getötet worden. Zuvor hatte die ebenfalls von der islamistischen Palästinenserorganisation kontrollierte Zivilverteidigung im Gazastreifen von 40 Todesopfern gesprochen. Damit korrigierte die Hamas die Zahlen nun deutlich nach unten.

Zuvor hatte auch die israelische Armee die Angaben der Zivilverteidigung angezweifelt. Armeesprecher Daniel Hagari hatte auf X mitgeteilt, die genannten Opferzahlen stimmten nicht mit den Informationen der Armee überein. Das Militär behauptete, man habe vor dem Angriff „zahlreiche Maßnahmen“ ergriffen, um das Risiko für zivile Opfer zu minimieren. 
Philipp Saul
Philipp Saul

Mindestens 19 Tote nach Angriff in Schutzzone

Die Folgen von israelischem Beschuss nahe der Stadt Chan Yunis sind gravierend. Wie viele Menschen genau gestorben sind, ist unklar. Nach Angaben des palästinensisch geführten Gesundheitsministeriums in Gaza sind 19 Menschen ums Leben gekommen. Das Ministerium korrigiert damit zuvor genannte Zahlen der Opfer nach unten. Der Direktor für Versorgung bei der Zivilverteidigung in Gaza hatte von mindestens 40 Menschen, die ums Leben kamen, gesprochen, mehr als 60 seien verletzt worden. Die israelische Armee hatte den Angaben zuvor widersprochen. Armeesprecher Daniel Hagari hingegen teilte auf der Plattform X mit, die von der Zivilverteidigung genannte Opferzahlen stimmten nicht mit den Informationen der Armee, den eingesetzten präzisen Waffen und der Genauigkeit des Angriffs überein. Er machte keine Angaben zur Zahl der Opfer. Die Aussagen lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

Der israelische Luftangriff galt nach Darstellung der Armee ranghohen Hamas-Terroristen. Diese hätten von einer verdeckten Kommandozentrale aus in der humanitären Zone in Chan Yunis agiert. Ziel des Angriffs sei unter anderem der Chef der Hamas-Luftsysteme im Gazastreifen gewesen. Als weitere Ziele wurden der Leiter einer Hamas-Spähabteilung sowie ein weiteres ranghohes Mitglied der islamistischen Terrororganisation ohne Angaben zu dessen genauer Aufgabe genannt. Die Terroristen seien am Angriff vom 7. Oktober beteiligt gewesen und hätten in letzter Zeit „Terroraktivitäten gegen die israelische Armee und den Staat Israel“ ausgeführt, hieß es weiter in der Mitteilung. Intensive Geheimdienstbeobachtungen und Luftüberwachung in den Stunden vor dem Angriff hätten „die Anwesenheit der Terroristen in dem Gebiet zusammen mit anderen Terror-Aktivisten bestätigt“. Das Militär behauptete, man habe vor dem Angriff „zahlreiche Maßnahmen“ ergriffen, um das Risiko für zivile Opfer zu minimieren. Die Hamas missbrauche Zivilisten weiterhin als Schutzschilde und verstecke Kämpfer sowie Infrastruktur in der humanitären Zone, so Militärsprecher Hagari. 

Die Hamas erklärte hingegen, die Behauptung, ihre Kämpfer hätten sich in der humanitären Zone aufgehalten, sei „eine eklatante Lüge“. Die Zivilbehörde meldet, es seien Zelte getroffen worden, in denen Geflüchtete untergebracht waren.  
Nadja Tausche
Nadja Tausche

Fotos und Videos zeigen Folgen des Angriffs in Schutzzone al-Mawasi

Nach dem israelischen Angriff nahe der Stadt Chan Yunis im südlichen Gazastreifen werden am Morgen die Folgen deutlich. Bilder und Videos vom Ort des Geschehens zeigen Palästinenser, die um einen riesigen Krater herumstehen. Er ist mehrere Meter tief, darin liegen Reste von Möbeln. Andere Aufnahmen zeigen zerstörte Überreste von Zelten - insgesamt gibt es mindestens zwei große Vertiefungen, die auf einen Einschlag hindeuten. Auch bei Tageslicht graben die Menschen weiter nach Angehörigen. 
Nach einem israelischen Angriff in der Schutzzone al-Mawasi ist ein Krater zu sehen.
Nach einem israelischen Angriff in der Schutzzone al-Mawasi ist ein Krater zu sehen. Foto: Mohammed Salem/Reuters
Laut Anwohnern und Sanitätern wurde das Zeltlager von mindestens vier Raketen getroffen. Der Zivilschutz berichtet, dass die Raketen Krater von bis zu neun Metern Tiefe verursacht hätten. Mindestens 20 Zelte seien in Brand geraten. Ein Sprecher der Gaza Civil Defense nannte den Angriff Medienberichten zufolge "eines der abscheulichsten Massaker" in dem Krieg, wie unter anderem Al Jazeera berichtet.

Videos in den sozialen Medien zeigen, wie Menschen in der Nacht den aufgewühlten Boden durchwühlen. Sie suchen offenbar nach Verschütteten. Manche graben im Sand mit bloßen Händen, andere mit Schaufeln. Viele der Menschen tragen orangefarbene Warnwesten und in der Hand große Taschenlampen, auf mehreren der Westen ist das Logo eines Mondes zusehen, offenbar von der Hilfsorganisation Palästinensischer Roter Halbmond. Auch Opfer des Angriffs sind auf Videos zu sehen. Die Videos der Anwohner und Augenzeugen sind nicht unabhängig verifiziert.
Palästinenser suchen in der Nacht nach vermissten Personen.
Palästinenser suchen in der Nacht nach vermissten Personen. dpa/Saher Alghorra
Israel hatte in der Nacht in der humanitären Zone al-Mawasi angegriffen. Zur Begründung heißt es, dass dort eine Kommandozentrale der islamistischen Hamas untergebracht gewesen sei. Die Hamas bestreitet das. Die Terroristen hätten Attacken „gegen israelische Truppen und den Staat Israel“ ausgeführt, teilt die israelische Armee auf ihrem Telegramkanal mit. Vor dem Angriff habe man zahlreiche Maßnahmen unternommen, um den Schaden für Zivilisten zu minimieren. Gestorben sind nach palästinensischen Angaben allerdings mindestens 19 Menschen.
Valentina Reese
Valentina Reese

Die SZ berichtet 

Lesen Sie hier unsere wichtigsten Analysen, Hintergründe und Einordnungen zum Nahost-Konflikt:

  • Fast wäre sie freigekommen, aber der Deal platzte. Die Hamas hat Carmel Gat in den Kopf geschossen, nach 330 Tagen in Gefangenschaft. Ein Gastbeitrag von Amir Teicher (SZ Plus)

  • In Tel Aviv folgen die Massen dem Aufruf zum Protest und Generalstreik, sie geben Netanjahu die Schuld am Tod weiterer Geiseln. Die Demonstranten haben einen mächtigen Verbündeten an ihrer Seite. Von Peter Münch aus Tel Aviv (SZ Plus)

  • Statt in einem perfiden Wettbewerb zu ermitteln, welche Seite im Nahostkonflikt mehr Empathie, Unterstützung oder Solidarität verdient, sollten wir etwas anderes wagen: an Frieden denken. Ein Gastbeitrag der Schriftstellerin Joana Osman (SZ Plus)

  • Hunderttausende Kinder im Gazastreifen sollen gegen Polio geimpft werden. Über die größten Opfer dieses Krieges (SZ Plus)
Jana Anzlinger
Jana Anzlinger

UN-Konvoi im Gazastreifen acht Stunden lang festgesetzt - Fortsetzung der Impfaktion unklar

Ein Konvoi der Vereinten Nationen sei im Gazastreifen "unter Androhung der Verhaftung des UN-Personals gestoppt" und nach acht Stunden wieder freigelassen worden, schreibt Philippe Lazzarini, Chef des UN-Hilfswerks für Palästinaflüchtlinge (UNRWA), auf dem Kurznachrichtendienst X. Bulldozer hätten bei der Festsetzung am Checkpoint Wadi Gaza erhebliche Schäden an den gepanzerten Fahrzeugen der UN verursacht. 

Das israelische Militär erklärt, der Konvoi sei angehalten worden, weil man Informationen erhalten habe, dass sich "palästinensische Verdächtige" an Bord befänden, die man verhören wolle. Berichte, der Konvoi habe Polio-Impfstoffe für Kinder in Gaza geladen, werden vom israelischen Militär dementiert. Ziel des Konvois sei vielmehr der Austausch von UN-Personal gewesen. Lazzarini bestreitet die Darstellung Israels: Der Konvoi sei unterwegs gewesen, um die Impfkampagne in Gaza-Stadt und im Norden des Gazastreifens zu beginnen. Ob die Impfaktion am Dienstag fortgesetzt werden kann, ist bislang unklar. 
Leopold Zaak
Leopold Zaak

Palästinensische Quellen melden Dutzende Tote nach israelischem Angriff in Chan Yunis

Bei einem Schlag der israelischen Armee auf die Stadt Chan Yunis im südlichen Gazastreifen sind offenbar mehrere Menschen getötet worden. Der Direktor für Versorgung bei der Zivilverteidigung in Gaza berichtet von mindestens 40 Toten und 60 Verletzten. Unabhängig überprüfen lassen sich seine Angaben nicht.

Die israelische Armee bestätigt den Angriff, äußert sich aber nicht zu möglichen Opfern. Nach eigenen Angaben attackierte die Luftwaffe eine Zentrale der Hamas, die in einer humanitären Zone untergebracht gewesen sein soll. Das Militär behauptet, man habe vor dem Angriff "zahlreiche Maßnahmen" ergriffen, um das Risiko für zivile Opfer zu minimieren. Die Zivilbehörde der Hamas meldet, es seien Zelte getroffen worden, in denen Flüchtlinge untergebracht gewesen sein sollen. In dem Lager hätten sich keine Kämpfer befunden. Das sei eine "glatte Lüge" Israels, heißt es.

Sanitäter und palästinensische Medien berichten, es seien mindestens vier Raketen eingeschlagen, die einen Krater von mehreren Metern Tiefe verursacht haben sollen. In sozialen Medien kursieren Bilder und Videos, die diesen Krater zeigen sollen.
Nadja Lissok
Nadja Lissok

Angehörige: Neue Details über Umstände der Geiselhaft 

Die Geiseln in der Gewalt der islamistischen Hamas werden nach Informationen ihrer Angehörigen unter grauenhaften Bedingungen festgehalten. Das Forum der Familienmitglieder der Entführten teilte mit, die Ergebnisse einer Untersuchung zum Schicksal von sechs zuletzt getöteten Geiseln durch die Armee seien äußerst beunruhigend. Die Untersuchung habe ergeben, dass „die ermordeten Geiseln (zuvor) in engen unterirdischen Tunneln mit wenig Luft festgehalten wurden“, hieß es. Er soll nur circa 80 Zentimeter breit gewesen sein. Die Geiseln konnten darin weder stehen noch sich frei bewegen. Sie hätten unter extremer Mangelernährung sowie unter Gewichtsverlust gelitten und „klare Zeichen langanhaltender körperlicher Vernachlässigung“ aufgewiesen. Sie hätten dort keinen Zugang zu Duschen oder Toiletten gehabt. Die Untersuchungsergebnisse seien den Angehörigen vorgelegt worden. Die Armee äußerte sich dazu offiziell nicht.

Die sechs Leichen waren nach israelischen Militärangaben vor gut einer Woche in einem Tunnel im Gebiet Rafah im Süden des umkämpften Gazastreifens gefunden und nach Israel überführt worden. Sie seien kurz zuvor von den Kidnappern gezielt getötet worden. Ein Hamas-Sprecher teilte dagegen mit, die Geiseln seien bei israelischem Bombardement ums Leben gekommen.

 „Diese Enthüllungen liefern unbestreitbare Beweise dafür, dass die Geiseln, die immer noch in Gaza festgehalten werden, in größter Gefahr schweben“, schrieb das Forum und forderte einen sofortigen Deal mit der Hamas über ihre Freilassung. 
Leopold Zaak
Leopold Zaak

Bericht: Mindestens 14 Tote nach mutmaßlich israelischem Luftangriff in Syrien

In Syrien sind bei einem mutmaßlich von Israels Luftwaffe geflogenen Angriff laut Menschenrechtsaktivisten mindestens 25 Menschen getötet worden, darunter fünf Zivilisten. 32 weitere seien verletzt worden, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in London mit. Syriens Staatsagentur Sana berichtete von 14 Todesopfern und 43 Verletzten. Kampfflugzeuge hätten Waffendepots proiranischer Milizen nahe der Stadt Hama angegriffen, teilte die Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Es habe mehrere Explosionen und Brände gegeben.   

Das angegriffene Gebiet liege westlich von Hama und gelte als Stützpunkt iranischer Streitkräfte und proiranischer Milizen, berichtete die Times of Israel. Es sei in den vergangenen Jahren wiederholt Ziel von Israel zugeschriebenen Angriffen gewesen. Dort befinde sich auch ein Forschungszentrum, das laut Israel von iranischen Streitkräften zur Herstellung von Präzisions-Raketen genutzt werde. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet unter Berufung auf Geheimdienst-Kreise in der Region, dass ein militärisches Forschungszentrum für chemische Waffen mehrfach getroffen worden sei. Demnach sollen auch iranische Militärexperten dort tätig sein.

Israel kommentiert solche Angriffe in der Regel nicht. Die israelische Armee greift in Syrien aber immer wieder Stellungen von Milizen an, die vom Iran unterstützt werden. Seit Beginn des Gaza-Kriegs vor elf Monaten hat Israel dies noch verstärkt. 
Kassian Stroh
Kassian Stroh

Netanjahu verbietet Ministern ungenehmigte Tempelberg-Besuche

Minister der israelischen Regierung dürfen den Tempelberg in Jerusalem künftig nur noch mit Zustimmung von Regierungschef Benjamin Netanjahu besuchen. Das ordnete der israelische Ministerpräsident zum Auftakt einer Sitzung des Sicherheitskabinetts an, wie sein Büro bekanntgab. Damit versucht er offenbar, seine extrem rechten Koalitionspartner in einer höchst sensiblen Frage etwas an die Leine zu nehmen. 

Der Tempelberg in Jerusalem ist im Jahrzehnte alten Nahostkonflikt einer der explosivsten Orte. Allen voran Polizeiminister Itamar Ben-Gvir hat mit Besuchen dort immer wieder provoziert und die Sorge vor einer gewalttätigen Eskalation geschürt. Als religiöse Stätte ist der Tempelberg Juden, Muslimen und Christen wichtig. Nach geltendem Recht ist Nichtmuslimen der Besuch gestattet; das öffentliche Gebet aber ist Muslimen vorbehalten. Dagegen wird aber immer wieder verstoßen.

Erst vor zwei Wochen sagte Ben-Gvir in einem Radio-Interview: „Ich sage es ganz einfach: Die Politik auf dem Tempelberg erlaubt es Juden, zu beten. Punkt.“ Alles andere sei eine Diskriminierung von Juden und eine "Unterwerfung". Damit widersprach er klar der offiziellen Linie. Und mit seinem letzten Besuch dort Mitte August löste Ben-Gvir Empörung aus, auch die US-Regierung protestierte scharf. Netanjahus rechtsextreme Koalitionspartner drangsalieren den Regierungschef immer wieder mit radikalen Forderungen. Ben-Gvir will den Tempelberg sogar ganz für Muslime sperren, wovon Sicherheitskräfte abraten.
Julia Bergmann
Julia Bergmann

Katar unterstützt im Westjordanland gestrandete Palästinenser 

Der Rote Halbmond von Katar und das UN-Hilfswerk für die Palästinenser (UNRWA) haben eine Vereinbarung über Hilfsleistungen in Höhe von 4,5 Millionen Dollar aus einem staatlichen Entwicklungsfonds Katars unterzeichnet. Damit sollen mehr als 4400 gestrandete Palästinenser aus dem Gazastreifen im Westjordanland unterstützt werden. 

"Die Bargeldhilfe ist eine lebenswichtige Unterstützung für die Vertriebenen, die seit Beginn der israelischen Offensive im Gazastreifen im Oktober vergangenen Jahres nicht mehr in den Gazastreifen zurückkehren konnten", berichtet die staatliche katarische Nachrichtenagentur. "Tausende Flüchtlinge aus dem Gazastreifen sitzen weiterhin im Westjordanland fest, gefangen in dieser Krisensituation, getrennt von ihren Angehörigen und ihrem Lebensunterhalt", sagt UNRWA-Generalkommissar Philippe Lazzarini. 
Kassian Stroh
Kassian Stroh

Drei Tote bei Angriff an Grenzübergang zu Jordanien

Bei einem Schusswaffenangriff an einem Grenzübergang zwischen Jordanien und dem besetzten Westjordanland sind nach israelischen Angaben drei Zivilisten getötet worden. Ein Angreifer habe sich von Jordanien aus in einem Lastwagen der Grenze genähert, sei ausgestiegen und habe das Feuer auf israelische Sicherheitskräfte eröffnet, teilt die Armee mit. Der Angreifer sei von den Sicherheitskräften erschossen worden. Drei israelische Zivilisten wurden durch Schüsse schwer verletzt. Der Rettungsdienst Magen David Adom teilte mit, er habe die drei Männer nicht mehr retten können; sie seien gestorben. 

Der Angriff ereignete sich an der Allenby-Brücke, auch bekannt als König-Hussein-Brücke, die über die Grenze zwischen Jordanien und dem von Israel besetzten Westjordanland führt. Sie liegt in etwa auf halbem Weg zwischen der jordanischen Hauptstadt Amman und Jerusalem. Dort befindet sich ein Kontrollpunkt auch für Fracht. Laut israelischer Armee erschoss der Fahrer dort aus nächster Nähe die drei Arbeiter. 

Es war der erste derartige Angriff an der Grenze zu Jordanien seit Beginn des Kriegs im Gazastreifen. Israel schloss danach alle Übergänge nach Jordanien. 
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