Israel:"Krieg in Zeitlupe"

Israel: "Getan, was zu tun war": israelisches Jagdflugzeug.

"Getan, was zu tun war": israelisches Jagdflugzeug.

(Foto: Jack Guez/AFP)

Israel bombardiert Stellungen von Milizen in Syrien, 57 Menschen sollen Mitte dieser Woche dabei umgekommen sein. Die darin enthaltene Botschaft geht an zwei Adressaten: an Iran und die neue US-Regierung.

Von Peter Münch, Tel Aviv

Die Angriffswelle war breit angelegt, präzise und sehr blutig: 57 Menschen sollen Mitte dieser Woche nach Angaben der oppositionellen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte bei israelischen Luftangriffen im Osten Syriens getötet worden sein. Insgesamt 18 Stellungen - zumeist von Milizen, die von Iran unterstützt werden - seien dabei bombardiert worden. Die Ziele liegen im syrisch-irakischen Grenzgebiet, also rund 600 Kilometer entfernt von Israels Grenze - und es sind bereits die vierten Israel zugeschriebenen Angriffe in gut zwei Wochen. Diese ungewöhnliche Intensität legt nahe, dass damit eine Botschaft gleich an zwei Seiten gesendet werden soll: an die Feinde in Teheran und an die künftige US-Regierung unter Präsident Joe Biden.

Israel fliegt seit 2017 regelmäßig Angriffe auf Ziele in Syrien, nach Angaben des früheren Armeechefs Gadi Eisenkot sind dort schon "Tausende" iranische Stellungen bombardiert worden. Doch im Einzelfall bekennt sich Israel nur selten zu einem Angriff, auch jetzt gibt es keine offizielle Erklärung. Zugleich hat die Führung in Jerusalem aber nie einen Hehl daraus gemacht, dass sie die iranische Militärpräsenz im Nachbarland Syrien als Bedrohung sieht, die es mit allen Mittel zu bekämpfen gilt.

Einen "Krieg in Zeitlupe" nennt das der pensionierte israelische Brigadegeneral Assaf Orion in einem Zoom-Gespräch mit Journalisten - und verweist auf ein "höheres Tempo in den vergangenen Wochen". Dieses Tempo könnte mit dem anstehenden Machtwechsel in Washington zu tun haben.

Dazu passt ein in dieser Woche gemeldetes Treffen zwischen dem amerikanischen Außenminister Mike Pompeo und Jossi Cohen, dem Chef des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad. Die beiden trafen sich nicht heimlich, sondern sehr öffentlich in einem Washingtoner Café. Wenig später folgte die aktuelle Attacke auf iranische Stellungen in Syrien, zu der eine anonym bleibende US-Quelle den Medien steckte, diese Angriffe seien mithilfe amerikanischer Geheimdienstinformationen ausgeführt worden. Obendrein verkündete Pompeo, dass die Führung des Terrornetzwerks al-Qaida eine neue Heimatbasis in Iran gefunden habe.

Iran als kriegstreibende Militärmacht in Syrien, Iran als neuer Pate der Erzterroristen- mit dieser augenscheinlich koordinierten Botschaft wollen die Protagonisten der alten US-Regierung und die Israelis gemeinsam dem neuen Präsidenten Joe Biden signalisieren, welch vielseitige Gefahr von Teheran ausgeht. Eine Neuauflage des Atomabkommens mit Iran wollen sie ihm damit so schwer wie möglich machen.

"Am Wichtigsten ist es, die neue amerikanische Regierung davon zu überzeugen, nicht die Fehler der Obama-Regierung zu wiederholen und Iran zu besänftigen", sagte dazu Tzachi Hanegbi, israelischer Minister und Vertrauter von Premier Benjamin Netanjahu in einem Interview. Indirekt drohte er sogar mit einem israelischen Angriff auf das iranische Nuklearprogramm. Israel habe schon "zwei Mal getan, was zu tun war", erklärte er und verwies auf Angriffe auf irakische und syrische Nuklearanlagen in den Jahren 1981 und 2007.

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