Süddeutsche Zeitung

Israel:Israels Verteidigungsminister tritt zurück - und rechnet ab

Warnruf aus dem inneren Zirkel der Macht: "Extremisten" hätten die Kontrolle über Israel an sich gerissen, warnt Mosche Jaalon. Wird er zum Held der Aufrechten?

Kommentar von Peter Münch

Lange Zeit ist Israels Verteidigungsminister Mosche Jaalon ein Held der Rechten gewesen. Nun könnte er ein Held der Aufrechten werden - mit seinem Rücktritt und der Abrechnung mit der eigenen Regierung.

"Extremisten" hätten die Kontrolle übers Land und den Likud an sich gerissen, warnt er. Die moralischen Werte seien bedroht, der Rassismus sei auf dem Vormarsch. Das ist ein Warnruf aus dem inneren Zirkel der Macht, und es spricht mehr aus Jaalon als nur die Enttäuschung darüber, dass er zum Opfer eines politischen Ränkespiels wurde. Es ist das blanke Entsetzen darüber, wie der jüdische Staat von Premier Benjamin Netanjahu und dessen ultrarechten Koalitionären auf allen Ebenen, von der Justiz bis zur Armee, umgebaut wird.

Der 65-jährige Jaalon darf als klassischer Vertreter des alten Israel gelten - ein kampferprobter General und Kibbuznik. Die neuen Eliten aber scheren sich nicht mehr um die Gründungsideale, in der Politik dreht sich alles um Machterhalt und Machtdemonstrationen. Ein Beispiel für den Paradigmenwechsel ist der skandalumwitterte Avigdor Lieberman, der nun voraussichtlich Jaalon als Verteidigungsminister nachfolgen wird: ein Einwanderer aus der früheren UdSSR mit Wohnsitz in einer Siedlung im Westjordanland. Kampferfahrung hat Lieberman vor allem als Türsteher in Nachtklubs erworben. Jaalon hat recht, wenn er das Land nicht solchen Leuten überlassen will.

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Quelle:
SZ vom 21.05.2016
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