Israel:Holocaust-Gedenken mit iranischem Ehrengast

Israel: Ehrengast: Israels Geheimdienstministerin Gila Gamliel empfängt Reza Pahlavi bei der zentralen Gedenkfeier in Yad Vashem in Jerusalem

Ehrengast: Israels Geheimdienstministerin Gila Gamliel empfängt Reza Pahlavi bei der zentralen Gedenkfeier in Yad Vashem in Jerusalem

(Foto: Tsafrir Abayov/AP)

Reza Pahlavi, der Sohn des letzten iranischen Schahs, erinnert in Israel an die freundschaftlichen Bande der Vergangenheit. Irans Präsident Ebrahim Raisi droht am selben Tag mit der Zerstörung von Tel Aviv und Haifa

Von Peter Münch, Tel Aviv

Wenn in Israel der Holocaust-Gedenktag begangen wird, dann kommt das Land zum Stillstand. Das Ritual ist ewig gleich, doch niemals Routine: Als am Dienstagmorgen für zwei Minuten die Sirenen heulten, blieben auf den Straßen die Autos stehen und alle hielten inne zum Gedenken an sechs Millionen Juden, die von den Nazis ermordet worden waren. Die politische Führung legte Kränze nieder und hielt Reden bei der zentralen Gedenkfeier in Yad Vashem. Alles war wie immer, doch am Rande der Veranstaltung fiel ein ungewöhnlicher Gast auf: Reza Pahlavi, der Sohn des letzten iranischen Schahs.

Der 62-Jährige lebt in den USA und setzt sich von dort aus für Demokratie in seiner Heimat ein. Bei der jungen Generation in Iran und bei anderen Oppositionellen ist er nicht unumstritten. In diesen Tagen reiste er zum ersten Mal nach Israel. Er sei gekommen, "um eine Botschaft der Freundschaft des iranischen Volks zu überbringen und den Opfern des Holocaust am Gedenktag Respekt zu zollen", ließ er wissen - und fuhr vom Flughafen aus direkt hinauf nach Yad Vashem.

Die Geheimdienstministerin gibt sich die Ehre

Als Gastgeberin empfing ihn dort die israelische Geheimdienstministerin Gila Gamliel. "Historisch" nannte sie den Besuch des ehemaligen Kronprinzen. Sie erinnerte an die guten Beziehungen, die beide Völker stets gepflegt hätten, bis die islamische Revolution von 1979 nicht nur den Schah vom persischen Pfauenthron stieß, sondern aus Israel den Erzfeind des Mullah-Regimes machte.

Auch Pahlavi betonte "das uralte Band zwischen beiden Völkern". Millionen Iraner würden sich noch daran erinnern, wie sie friedlich mit ihren jüdischen Nachbarn zusammengelebt hätten. "Sie lehnen die anti-israelische und antisemitische Politik des mörderischen Regimes ab", erklärte er. Doch während Pahlavi den Israelis die Aufwartung machte, goss der iranische Präsident Ebrahim Raisi in Teheran weiter Öl ins Feuer. Am Holocaust-Gedenktag, der in Iran auf einen Feiertag zu Ehren der nationalen Streitkräfte fiel, drohte er "mit der Zerstörung der Städte Tel Aviv und Haifa".

Die iranische Bedrohung stand erneut auch im Mittelpunkt der Rede von Premierminister Benjamin Netanjahu zum Gedenktag. Die Rufe zur Vernichtung des jüdischen Volks hätten nicht mit dem Holocaust aufgehört. "Heute kommen sie vom Horror-Regime in Teheran", sagte er. "'Nie wieder' bedeutet, dass Israel sicherstellen muss, dass die Islamische Republik keine Atomwaffen produzieren kann."

Holocaust-Überlebende protestieren gegen "Staatsstreich" der Ultrarechten

Staatspräsident Isaac Herzog dagegen stellte die innenpolitischen Streitigkeiten um den von Netanjahus Regierung geplanten Umbau des Justizsystems in den Mittelpunkt seiner Ansprache. Er rief die Israelis zur "Einheit" auf und warnte vor Nazi-Vergleichen, wie sie in der aktuellen Auseinandersetzung schon zu hören waren.

Nahe seinem Amtssitz versammelte sich dennoch am Dienstag eine Gruppe von Holocaust-Überlebenden, um gegen die sogenannte Justizreform und eine geplante Nationalgarde unter dem Kommando des rechtsextremen Ministers Itamar Ben-Gvir zu protestieren. "Die Opfer des Holocaust", so hieß es in einer Erklärung, "schreien aus der Erde auf: Nein zu diesem Staatsstreich."

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