Krieg im Nahen Osten:Suche nach dem Goldschatz

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20 Gebäude mit Filialen der Al-Kard-Al-Hassan-Bank hat Israel in Libanon zerstört, wie hier im Süden Beiruts. (Foto: Hassan Ammar/AP)

Die israelische Armee vermutet unter einem Krankenhaus in Beirut Geld und Gold der Hisbollah. Und greift deren Banken in ganz Libanon an.

Von Bernd Dörries, Kairo

Es sieht aus wie eine Schatzkarte: Am Montag veröffentlichte die israelische Armee eine 3D-Simulation, die drei Gebäude über der Erde zeigen, das Al-Sahel-Krankenhaus und angrenzende Gebäude im Süden Beiruts. Der kleine Film konzentriert sich aber vor allem auf das, was unter dem Krankenhaus liegen soll, er zeichnet skizzenhaft einige Räume, in einem hängt eine Hisbollah-Fahne an der Wand, und im letzten sieht man Goldbarren und Geldsäcke mit angeblich Hunderten Millionen Dollar herumliegen. „Nach unseren Schätzungen lagert in diesem Bunker mindestens eine halbe Milliarde Dollar in Dollarscheinen und Gold“, sagte der israelische Militärsprecher Daniel Hagari. Genauere Belege nannte er nicht.

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Der Direktor des Krankenhauses, ein Parlamentsabgeordneter der Hisbollah-nahen Amal-Partei, bestritt die Vorwürfe, ließ das Krankenhaus am Dienstag aber räumen und Journalisten ins Gebäude hinein, gleichzeitig twitterte ein israelischer Armeesprecher Aufforderungen, man solle sich nicht blenden lassen und in den Keller gehen, wo das Geld liege. Gefunden wurde offenbar nichts.

Die Hausbank der Terrororganisation soll Gelder aus deren kriminellen Aktivitäten gewaschen haben

Die israelische Armee hatte in den vergangenen Tagen immer wieder das Finanzsystem der Hisbollah ins Visier genommen, vor allem die Al-Kard-Al-Hassan-Bank, mindestens 20 ihrer Filialen in Beirut und anderen Landesteilen wurden angegriffen und dabei teilweise ganze Wohngebäude zerstört, in deren Erdgeschoss sich die Zweigstellen befanden. Laut israelischer Armee werden durch Al-Kard Al-Hassan der Terror finanziert, Hisbollah-Kämpfer bezahlt und Waffenkäufe ermöglicht. Bereits bei der Tötung von Hassan Nasrallah Ende Oktober sollen große Mengen Bargeld durch die Bomben auf den Bunker des Hisbollah-Führers vernichtet worden sein. Al-Kard Al-Hassan wurde in der Vergangenheit von westlichen Geheimdiensten vorgeworfen, Gelder aus dem Drogenhandel und kriminellen Aktivitäten der Hisbollah zu waschen oder ins Land zu transferieren.

Im Al-Sahel-Krankenhaus lagert nach Israels Angaben ein Vermögen: Der Hisbollah-nahe Klinikchef bestreitet das und lädt die Presse dorthin ein. (Foto: Hassan Ammar/dpa)

Al-Kard Al-Hassan bedeutet so etwas wie „Das gute Darlehen“, es ist eine Finanzinstitution nach islamischen Regeln, die Zinsen und Wucher verbieten. Die Bank wurde 1983 gegründet und soll derzeit etwa 300 000 Privatkunden haben, vor allem schiitische Libanesen. Hisbollah-Führer Nasrallah pries die Bank 2021 in einer Rede als großen Gewinn für die schiitische Gemeinschaft, seit ihrem Bestehen habe sie 3,7 Milliarden Dollar Kredite an 1,8 Millionen Kunden vergeben.

Der Finanzier Iran ist klamm, das hat Folgen für die Hisbollah

Bei einem Großteil dürfte es sich um Kleinkredite gehandelt haben, viele Schiiten bringen Gold oder Familienschmuck zu Al-Kard Al-Hassan und erhalten im Gegenzug ein Darlehen für Schulgebühren oder Beerdigungen. Die Hisbollah soll vielen Kunden bereits per Whatsapp versichert haben, dass ihre Einlagen noch da sind. Die Bank hatte während der libanesischen Wirtschaftskrise, die 2019 begann und die Ersparnisse vieler Menschen vernichtete, an Reputation gewonnen. Während Kunden des offiziellen Sektors nicht mehr an ihre Dollar kamen und die lokale Währung 97 Prozent ihres Wertes verlor, änderte sich für die Kunden der Al-Kard-Al-Hassan-Bank nichts, sie kamen weiter an ihr Geld.

Die Finanzsituation der Hisbollah insgesamt scheint sich aber in den vergangenen Jahren verschlechtert zu haben, der große Finanzier Iran ist in einer schweren Wirtschaftskrise. Vor allem im Süden Libanons wächst die Wut auf die Hisbollah, weil sie offenbar nicht das Geld hat, die von Israel zerstörten Häuser und Einrichtungen wieder aufzubauen. Oder überhaupt nennenswerte humanitäre Hilfe für die mehr als eine Million Menschen zu leisten, die ihre Häuser verlassen mussten. Das war nach dem Krieg 2006 noch anders, damals soll es für jedes zerstörte Haus etwa 120 000 Dollar gegeben haben.

Viele libanesische Hisbollah-Analysten denken, dass die Angriffe auf das Finanzsystem nicht so sehr dazu dienen, die militärische Kraft der Hisbollah zu schwächen, sondern eher psychologischer Natur sind, um die Anhängerschaft zu verunsichern.

Den angeblichen Goldschatz unter dem Krankenhaus werde man nicht attackieren, hatte der israelische Armeesprecher noch am Montag gesagt, der Krieg richte sich nicht gegen das libanesische Volk. Wenig später traf eine Bombe die Nachbarschaft des Rafik-Hariri-Krankenhauses, 13 Menschen wurden getötet.

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