Israel: Geiseldrama Gilat Schalit:Ein Besuch, der Hoffnung weckt

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Französische Ärzte sollen den entführten Soldaten untersucht haben, der in einem Kerker mit Sprengfallen gefangen ist. Die Hamas dementiert.

P. Münch

Für die Eltern des entführten israelischen Soldaten Gilad Schalit gibt es Tage tiefer Verzweiflung und Tage vorsichtiger Hoffnung. Seit dreieinhalb Jahren geht das schon so, denn so lange ist ihr inzwischen 23-jähriger Sohn in den Händen terroristischer Geiselnehmer im Gaza-Streifen.

Diese Aufnahme zeigt Gilad Schalit auf einem Foto, das seine Familie 2007 freigegeben hat. Auf aktuellen Bildern wirkt er dünner, abgemagert. (Foto: Foto: ap)

In den vergangenen zwei Wochen mussten sie täglich, manchmal sogar stündlich mit dem Wechsel zwischen Furcht und Freude kämpfen. Sowohl die Hamas als auch die israelische Regierung bestätigen, dass die Verhandlungen um einen Austausch des Soldaten gegen palästinensische Häftlinge in der Schlussrunde sind.

Doch unter Vermittlung des deutschen Geheimdienstes wird auch um die letzten Details so zäh gerungen, dass bis zum Ende immer alles in Frage steht. Am Sonntag aber muss im Haus der Familie Schalit im Norden Israels die Hoffnung wieder gewachsen sein. Denn zum ersten Mal in all den Jahren soll Gilad Schalit in seinem streng geheimen Versteck einer Gruppe von Ausländern präsentiert worden sein.

Arabische Medien, darunter der arabische Dienst der BBC, berichten, dass vier französische Ärzte und der deutsche Vermittler den Gefangenen besucht hätten.

Sprengfallen um den Gefangenen

Von Kairo kommend habe die Delegation die Grenze bei Rafah überquert, aus der Luft sei sie von israelischen Drohnen beobachtet worden. Der deutsche Vermittler habe der Hamas garantieren müssen, dass Israel nicht versuchen werde, das Versteck anzugreifen und den Gefangenen zu befreien. Schalits Kerker soll allerdings mit Sprengfallen so gesichert sein, dass es unmöglich wäre, ihn lebend zu befreien.

Die Ärzte hätten den Gefangenen dann auf Herz und Nieren untersucht, hieß es. Auf einem Anfang Oktober veröffentlichten Video hatte die Öffentlichkeit erstmals den jungen Soldaten sehen können - deutlich abgemagert und mit tiefen Ringen unter den Augen. Er hatte eine Erklärung verlesen und war kurz auf und ab gegangen als Zeichen seiner äußeren Unversehrtheit.

Anträge des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, ihn besuchen zu dürfen, hatte die Hamas in der Vergangenheit stets abgelehnt. Die ärztliche Untersuchung könnte daher nun also als Indiz für die bald anstehende Freilassung Gilad Schalits gewertet werden.

Die Hamas jedoch hat den detailliert beschriebenen Ärztebesuch dementiert. "Das ist nicht wahr", sagte Mahmud Zahar, einer ihrer Anführer, der israelischen Zeitung Haaretz. Wie vieles andere könnte aber auch das zur Taktik gehören, bis zuletzt den Preis für einen Austausch hochzuhalten.

1000 gegen Einen

Israels Regierung ist grundsätzlich bereit, im Gegenzug für Gilad Schalit etwa 1000 Palästinenser aus dem Gefängnis freizulassen. Die Hamas hat dazu eine Liste verfasst. Dem Vernehmen nach sind nur noch relativ wenige Namen umstritten. Es soll dabei zum Beispiel um eine Gruppe lange inhaftierter israelischer Araber sowie um Palästinenser aus Ost-Jerusalem gehen, deren Freilassung in Israel als Sicherheitsrisiko gilt.

Offenbar besteht Israel darauf, einen Teil der Freizulassenden ins Ausland abzuschieben. Unter ihnen soll auch der zu fünfmal lebenslang verurteilte Marwan Barguti sein, der jedoch aus der Zelle heraus schon ausgeschlossen hat, das Land zu verlassen. Ihm trauen viele Beobachter zu, bei einem Rückzug von Präsident Machmud Abbas die Führung der Palästinenser zu übernehmen. Als Fatah-Politiker hat er stets auch gute Kontakte zur Hamas gepflegt und könnte so einen Ausgleich der beiden verfeindeten Gruppierungen erreichen.

Von einem Gefangenenaustausch hängt also vieles ab - für die Eltern von Gilad Schalit, aber auch für Israels Sicherheit und für die künftige Richtung der palästinensischen Politik. Deshalb sind nun eine Familie - und zwei Völker - zwischen Hoffen und Bangen.

© SZ vom 07.12.2009/sukl - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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