Süddeutsche Zeitung

Israel und Gaza:Hamas dämmt Proteste an der Grenze ein

  • 40 000 Palästinenser demonstrieren an der Grenze zu Israel. Die Hamas versucht, mit Ordnern dafür zu sorgen, dass die Proteste nicht eskalieren.
  • Dennoch sterben drei Palästinenser, mehr als dreihundert Menschen werden verletzt, fünf davon schwer.

Von Alexandra Föderl-Schmid, Nahal Oz

Vereinzelt sind Schüsse zu hören, Wolken von Tränengas wabern über den Grenzzaun. Auf der anderen Seite versammeln sich im Gazastreifen immer mehr Menschen, am späten Nachmittag sind es dann etwa 40 000. Aber es ist bei weitem nicht der angekündigte "Eine-Million-Marsch", der an den Beginn der Proteste am Grenzzaun vor einem Jahr erinnern soll.

Vereinzelt sind dunkle Rauchschwaden zu sehen, wenn Reifen verbrannt werden. Die meisten halten einen größeren Abstand zum Zaun und bleiben bei den Zelten, die die Organisatoren des Marsches aufgestellt haben. Neu ist, dass palästinensische Ordner mit orangen Westen versuchen, Palästinenser abzuhalten, bis zur Grenze vorzudringen. Sie mischen sich unter die jungen Männer, keine hundert Meter vom Grenzzaun entfernt. Auf der anderen Seite sind israelische Soldaten positioniert, an einer Stelle direkt am Zaun recken Scharfschützen die Köpfe über die Absperrung.

Dass diese Ordner erstmals im Einsatz sind, ist nach Einschätzung der israelischen Armee ein Zeichen, dass die im Gazastreifen regierende Hamas versucht, die Lage zu kontrollieren und die Situation nicht eskalieren zu lassen. An diesem Tag kommt es zu weitaus weniger gewalttätigen Auseinandersetzungen wie an manchen anderen Protesttagen im vergangenen Jahr.

Einige vermummte Männer werfen Steine und explosive Gegenstände über den Zaun. Die israelische Armee antwortet zuerst mit Tränengas und Gummigeschossen, dann wird scharf geschossen.

Am späten Nachmittag fallen dann mehr Schüsse, immer wieder fahren Rettungsfahrzeuge vor. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza und der Rettungsorganisation Roter Halbmond sterben ein 17-jähriger und ein 20-jähriger sowie ein weiterer Palästinenser. Mehr als 300 Menschen werden verletzt, davon fünf schwer. Auch 26 Kinder und drei Frauen sind nach palästinensischen Angaben darunter. In der Nacht davor wurde bei gewalttätigen Auseinandersetzungen an der Grenze bereits ein Palästinenser getötet. Insgesamt wurden seit Beginn der Proteste vor einem Jahr nach palästinensischen Angaben rund 270 Menschen erschossen.

In der Nacht zu Sonntag wurden fünf Raketen aus dem Gazastreifen auf israelische Gebiete abgeschossen. Sie landeten auf freiem Gebiet, lösten aber Raketenalarm in den angrenzenden Gebieten aus.

Laut Angaben des stellvertretenden Hamas-Chefs im Gazastreifen, Khalil al Hayya, werden die Verhandlungen über einen Waffenstillstand fortgesetzt, Ägypter vermitteln dabei. Auch Hamas-Chef Ismail Hanija tauchte bei den Protesten an der Grenze nahe Khan Yunis auf. Er war in Begleitung von ägyptischen Geheimdienstleuten.

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