Staatsbesuch:"Wunderbarer Reigen deutsch-israelischen Austauschs"

Bundeskanzler Olaf Scholz und Israels Ministerpräsident Jair Lapid

Handschlag: Olaf Scholz (rechts) trifft den Ministerpräsidenten von Israel, Jair Lapid.

(Foto: Christian Spicker/IMAGO)

Nach einem Gespräch betonen Israels Ministerpräsident Jair Lapid und Kanzler Olaf Scholz die große Freundschaft ihrer Länder. Es geht um das Holocaustgedenken, eine militärische Partnerschaft und die Energiekrise.

Von Tobias Bug

"Schön, dass du heute zu Gast bist, lieber Jair, Israel ist bei dir in guten Händen." Olaf Scholz gibt sich kumpelhaft gegenüber dem israelischen Ministerpräsidenten, der gerade auf Staatsbesuch in Berlin weilt. Er erwähnt den "wunderbaren Reigen deutsch-israelischen Austauschs", Israel sei enger Verbündeter, strategischer Partner und Freund. Diese Freundschaft werde weiter ausgebaut, etwa mit einem interministeriellen Dialog in Jerusalem und dem kürzlich angeregten deutsch-israelischen Jugendwerk. Das Gedenken an das Menschheitsverbrechen der Schoah sei immerwährende Verpflichtung, Deutschland müsse sich jeder Form von Antisemitismus entgegenstellen. "Ich bin dankbar, dass es in Deutschland wieder eine lebendige jüdische Gemeinschaft gibt", sagt Scholz auch.

Er erwähnt Russlands Überfall auf die Ukraine und geht ein auf die Sicherheit Deutschlands und seiner Nachbarn. Mit Israel wolle das Land auch militärisch kooperieren, etwa im Bereich der Luftverteidigung. Die militärische Partnerschaft der beiden Länder würden einige eine "Ironie der Geschichte nennen", sagt Jair Lapid in seinem Statement. Er aber sehe darin den Beleg, dass die notwendigen Schlussfolgerungen aus der Vergangenheit gezogen worden seien.

Die Beziehung zwischen Israel und Deutschland, sagt Lapid dann, zeige, dass die Menschheit stets eine Wahl habe: "An die Stelle des Bösen kann Freundschaft treten und Unmenschlichkeit kann ersetzt werden durch menschliche Freundschaft und einen Willen zur Zusammenarbeit." Mit Gesprächen allerdings könne man das Böse nicht ausrotten, sagt der israelische Ministerpräsident. "Demokratien müssen bereit sein, die Freiheit mit Gewalt zu verteidigen."

Im Nahost-Friedensprozess, so Scholz, strebe Deutschland eine Zwei-Staaten-Lösung an, die Israel und Palästina aushandeln müssten, um die Lebensbedingungen der Palästinenser zu verbessern. "Ich wünsche mir von beiden Seiten keine einseitigen Schritte." Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hatte Israel im August bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Scholz in Berlin einen vielfachen "Holocaust" an den Palästinensern vorgeworfen und damit Empörung ausgelöst.

Scholz hatte dazu zunächst geschwiegen, Abbas Äußerungen erst im Nachhinein verurteilt. Trotzdem lobt Lapid seine Reaktion. Es sei offensichtlich gewesen, dass Scholz von den Äußerungen überrascht worden sei. "Ich habe dem Bundeskanzler gedankt, dass er danach reagiert hat auf das, was Abbas gesagt hat." Was Präsident Abbas gesagt hat, sei "abscheulich, respektlos und schrecklich, einfach nur furchtbar", sagt Lapid. "Der Holocaust kann mit nichts verglichen werden." Es besorge ihn, dass diese Ausdrucksweise sich nicht nur in Abbas' Äußerungen in Deutschland finde, sondern auch in palästinensischen Schulbüchern. Lapid schließt sein Statement trotzdem mit den Worten: "Wir reichen die Hand, all unseren Nachbarn, die Hand zum Frieden."

Am Ende geht es noch um die durch den Krieg in der Ukraine ausgelöste Energiekrise. Israel, sagt Lapid, könne mit seinem Gasvorkommen im östlichen Mittelmeer rund zehn Prozent des russischen Gases ersetzen, das Russland bislang an Europa geliefert hat. Er hoffe, dass Israel seine Lieferungen schon 2023 ausweiten könne. Das Land hatte mit Ägypten und der EU-Kommission einen Vertrag geschlossen, Gas über Ägypten in die EU zu liefern. Scholz betont, dass jeder Beitrag alternativer Lieferungen von Gas hilfreich sei. Selbst wenn das israelische Gas nicht nach Deutschland komme, werde es auf dem Weltmarkt landen und damit den Preis drücken helfen.

Die beiden Regierungschefs werden am Nachmittag die Villa am großen Wannsee besuchen, den Ort, an dem 1942 die "Endlösung der Judenfrage" besprochen wurde, die millionenfache Ermordung europäischer Jüdinnen und Juden. Sie werden dort mit Überlebenden zusammentreffen. Lapid ist Sohn eines Holocaustüberlebenden, sein Großvater wurde im Konzentrationslager Mauthausen ermordet. Für einen deutschen Politiker sei eine solche Begegnung schwierig, seinem "Freund Kanzler Scholz", dankt Lapid, dass er dem Treffen beiwohne.

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