Israel:Der doppelte Trump

Die Regierung Netanjahu nutzt den Rückhalt des US-Präsidenten aus, um ihre provokative Siedlungspolitik voranzutreiben. Doch längst nicht alles, was Trump im Nahen Osten treibt, gefällt Israel. Die USA sind unter ihm ein unberechenbarer Verbündeter.

Von Alexandra Föderl-Schmid

Mit seiner Ankündigung, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, hat US-Präsident Donald Trump im Dezember Israelis und Palästinenser gleichermaßen überrumpelt. Doch während sich Israels Politiker von der Überraschung rasch erholten, brauchte die palästinensische Führung lange, ehe sie aus der Schockstarre erwachte. Erst an diesem Sonntag findet eine Sitzung der PLO statt, auf der angeblich wichtige Entscheidungen fallen.

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas war seit Trumps Vorstoß fast pausenlos auf Reisen, zu Hause hält ihn wenig. In der Bevölkerung ist die Wut auf die palästinensische Führung fast so groß wie auf die israelische oder amerikanische Politik. Wie ein Getriebener wirkt Abbas auch deshalb, weil er in der arabischen Welt nicht viel Unterstützung erfahren hat. Die Sache der Palästinenser genießt längst nicht mehr höchste Priorität.

Die Israelis nutzen Trumps Jerusalem-Ankündigung nun als Rückendeckung für konkrete Schritte. Was der Rest der Welt davon hält, schert sie wenig - am allerwenigsten Kritik aus Europa. Auf Antrag von Verteidigungsminister Avigdor Lieberman wurde am Mittwoch der Bau von 1285 Häusern im Westjordanland in diesem Jahr genehmigt. Weitere 2490 Häuser an 20 Standorten befinden sich in Planung.

Es ist eine Provokation, dass entgegen Beschlüssen der Vereinten Nationen weitere Siedlungen in Gebieten entstehen, die einmal zu einem palästinensischen Staat gehören sollen. Das führt zur Eskalation. Am Dienstag starb ein Siedler, der zu einem illegalen Außenposten im Westjordanland unterwegs war. Er wurde aus einem fahrenden Auto heraus erschossen. Daraufhin griffen Siedler Palästinenser mit Steinen an. Statt zu kalmieren, heizte Lieberman den Konflikt an, indem er die Legitimierung der Siedlung ankündigte. Israelische Politiker wollen Fakten schaffen, solange Trump im Amt ist. Es werden auch die Hürden für eine Zwei-Staaten-Lösung erhöht: Vergangene Woche beschloss die Knesset, dass jedwede Abtretung von Teilen Jerusalems im Rahmen eines Friedensabkommens mit den Palästinensern einer Zweidrittelmehrheit im Parlament bedarf.

Bei Weitem nicht alles, was der US-Präsident in Nahost treibt, liegt im Interesse Israels

Aber nicht alle Entscheidungen Trumps stoßen auf Begeisterung in Israel. Die Drohung des US-Präsidenten, den Palästinensern die Finanzhilfen zu streichen, geht selbst Premierminister Benjamin Netanjahu zu weit. Er will zwar eine Änderung des zuständigen UN-Hilfswerks, aber nur "graduelle Kürzungen". Denn er weiß, dass die Versorgung der zwei Millionen Menschen im abgeschotteten Gazastreifen ohne internationale Hilfe unmöglich ist. Eine humanitäre Katastrophe aber würde zu weiterer Radikalisierung führen, die Israel bedroht.

Im Syrien-Konflikt fühlen sich die Israelis von den Amerikanern total im Stich gelassen, weil die USA das Heft des Handelns dort Russland überlassen haben. Israel sieht seine eigene Sicherheit durch das Erstarken des iranischen Einflusses in Libanon und Syrien gefährdet und bombardiert Ziele auch in der Nähe von Damaskus.

Ob der US-Präsident in der Iran-Politik die aus Sicht Israels richtigen Entscheidungen trifft, darauf wartet man in diesen Tagen gespannt. Auch in Israel gilt Trump als unsicherer Kantonist, von dessen Überraschungen man sich nicht gerne überrumpeln lässt.

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