Libanon:Mission des Scheiterns

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Aroldo Lázaro Sáenz ist der Chef der Blauhelme in Südlibanon. Sein Auftrag ist klar, aber in der Praxis sind seine Möglichkeiten beschränkt. (Foto: Anwar Amro/AFP)

Die UN-Blauhelme in Libanon sollen eigentlich zum Frieden beitragen. Jetzt sind die Soldaten von General Aroldo Lázaro Sáenz unter israelischen Beschuss geraten.

Von Bernd Dörries, Kairo

Aroldo Lázaro Sáenz ist kein Mann des einfachen Wortes, eher einer der Resolutionen, Richtlinien und des diplomatisch-bürokratischen Vokabulars. In den vergangenen Jahren konnte man den aus Spanien stammenden Chef der Unifil-Friedenstruppen dabei beobachten, wie er in Paris „Bedenken“ angesichts der Lage in Libanon äußerte, sich in Rom „besorgt“ zeigte oder sich an Bord einer deutschen Fregatte übe die „Leistungsfähigkeit der Besatzung“ informierte.

Meistens wusste man aber nicht so recht, was Sáenz genau machte. Das gilt letztlich auch für seine Unifil-Soldaten, die seit 1978 im Süden Libanons stationiert sind. Sie nennen sich Friedenstruppen, können aber keinen Frieden schaffen. Nun wurden sie mehrfach von der israelischen Armee beschossen.

Der Auftrag: Dabei helfen, die Hisbollah im Süden zu entwaffnen

Anfangs sollten die Unifil-Soldaten den Abzug der israelischen Truppen aus dem südlichen Libanon überwachen, die dort gegen die PLO gekämpft hatten. Die PLO verschwand und wurde von der Hisbollah abgelöst, die mit Unterstützung Teherans vorgab, für die Sache der Palästinenser zu kämpfen. Im Jahr 2006 kamen die Israelis erneut für 34 Tage, um gegen die Hisbollah zu kämpfen. Als sie wieder abzogen, verabschiedete der Sicherheitsrat die Resolution 1701, die so etwas wie der Anstellungsvertrag von Aroldo Lázaro Sáenz ist, den er bei jeder Gelegenheit wiedergeben kann: Die Unifil soll helfen, die Hisbollah im Süden zu entwaffnen.

Das klingt nach einer klaren Aufgabe. In der Praxis ist sie aber kläglich gescheitert: Die Hisbollah hat sich seit 2006 massiv aufgerüstet, sie soll 150 000 Raketen besitzen und weite Teile des Südens untertunnelt haben. Alles vor den Augen der Unifil-Soldaten.

Für gescheitert halten Aroldo Lázaro Sáenz und seine bis zu 10 000 Kollegen aus 50 Nationen ihre Mission aber nicht. Tja, sagen sie und zucken mit den Schultern, wenn sie mal wieder gefragt werden, was sie genau machen den ganzen Tag: So sei eben das Mandat, das ihnen der UN-Sicherheitsrat aufgegeben habe. Das sieht zwar die Entwaffnung der Hisbollah vor und befugt die Unifil auf dem Papier dazu, „alle erforderlichen Maßnahmen“ zu ergreifen. In Wahrheit sind diese Maßnahmen aber eher beschränkt, weil die Truppe kein „robustes Mandat“ besitzt. Sie kann sich höchstens selbst verteidigen. 

Die Soldaten selbst nennen andere Gründe für ihre Präsenz

Bevor Aroldo Lázaro Sáenz 2022 zum Chef der Unifil wurde, hatte er bereits drei Mal in Libanon gedient. Wenn er und seine Leute ein Waffendepot der Hisbollah entdeckten, meldeten sie ihren Fund den libanesischen Streitkräften, den eigentlich Hauptverantwortlichen für den Abzug der Hisbollah. Da die Armee aber selbst zu einem großen Teil aus Schiiten besteht, die keine Ambitionen haben, ihre Brüder der Hisbollah zu entwaffnen, passierte gar nichts. Sáenz und seine Kollegen schien das nicht weiter zu stören, sie hielten sich eben an ihren Auftrag.

Fragte man die Unifil nach dem Sinn ihrer Missionen, so haben sich ihre Soldaten mit der Zeit eine ganz eigene Begründung zugelegt, die wenig mit dem eigentlichen Mandat zu tun hat: Sie schaffen Arbeitsplätze, in dem sie Fahrer anheuern und Köche. Sie organisieren Hilfskonvois und verteilen Essen. Alles Dinge, die eigentlich der libanesische Staat erledigen sollte, der aber von Korruption zerfressen ist.

Dass die eher schwache Blauhelmtruppe dennoch den Zorn der Israelis erregt, liegt aus Sicht der Unifil vor allem daran, dass sie mit ihren Basen einer großen Bodenoffensive im Weg steht. Und dass sie mit ihren Kameras und Aussichtstürmen sieht, was im für Journalisten weitgehend nicht mehr zugänglichen Süden passiert, wie die israelische Offensive dort aussieht. Für deren Truppen sind die UN-Soldaten von Aroldo Lázaro Sáenz Gehilfen der Hisbollah, die sich schützend vor sie stellen. Aber auch auf der libanesischen Seite hält sich die Beliebtheit der UN-Soldaten in Grenzen. Vor allem im Süden wirft man ihnen vor, nichts für den Frieden getan zu haben.

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