Israel:Zigarren und Champagner mussten schon sein

Israel: Plakate von Benjamin Netanjahu (l.) und dem gegenwärtigen Übergangspremier Jair Lapid. Netajahu hatte reiche Gönner.

Plakate von Benjamin Netanjahu (l.) und dem gegenwärtigen Übergangspremier Jair Lapid. Netajahu hatte reiche Gönner.

(Foto: Oded Balilty/AP)

Schamlos und luxusbesessen - so wirken Benjamin Netanjahu und seine Frau nach der Aussage einer Zeugin im Korruptionsprozess gegen den Ex-Premier.

Von Peter Münch, Tel Aviv

Mit den feinen Zigarren sollte man beginnen, die er besonders gerne mag, wenn er sie vorher kurz in Cointreau gedippt hat. Dazu kommt dann der Champagner Rosé, den die Gattin so sehr liebt, auch in größeren Mengen. Für Benjamin und Sara Netanjahu gehörte all das zum regelmäßigen und obendrein kostenlosen Genuss. Doch am Ende könnte das den israelischen Langzeitpremier, der gerade wieder aufs Neue nach der Macht im Lande greift, vielleicht doch noch teuer zu stehen kommen: vor Gericht.

Seit mehr als einem Jahr bereits laufen vor dem Jerusalemer Bezirksgericht die Anhörungen im Korruptionsprozess gegen Netanjahu, der Israel zwischen 2009 und 2021 regierte. Angeklagt ist er in insgesamt drei verschiedenen Fällen. In dieser Woche ging es erstmals um jenen Fall, der wohl nicht der brisanteste, gewiss aber der prallste ist: die Geschenk-Affäre, aktenkundig unter dem Namen "Fall 1000". Darin geht es um Zuwendungen von reichen Gönnern, und im Zeugenstand hat nun eine Frau namens Hadas Klein eine Fülle an Details zum Besten gegeben, die, wie es ein Kommentator schrieb, durchaus "einen Brechreiz auslösen" können. Schamlos, gierig, luxusbesessen - so erscheinen dabei die Netanjahus.

Klein ist im Gerichtssaal mit einem kräftigen Bodyguard erschienen, und mit einem Aktenordner voller Rechnungen. In der Geschenk-Affäre ist sie die Schlüsselzeugin, denn sie hat über Jahre das meiste davon besorgt, was die Netanjahus bei Laune halten sollte. Erst tat sie dies im Auftrag von Arnon Milchan, der als Israeli in Hollywood unter anderem Filme wie "Pretty Woman" und "L.A. Confidential" produziert hat. Später arbeitete sie für den australischen Geschäftsmann James Packer.

Beide sind Milliardäre, beide gingen bei den Netanjahus ein und aus. Die Regeln dafür hat Milchan dem jüngeren Packer der Aussage von Hadas Klein zufolge so erklärt: "Wenn du nach Jerusalem fährst, um die Netanjahus zu besuchen, kannst du nicht mit leeren Händen kommen." Denn wer mit leeren Hände komme, der werde nie wieder vorgelassen am Hofe des damaligen Premiers.

"Alles wurde ausdrücklich angefordert", sagte eine Zeugin über die Gaben für Netanjahu

Die Auswahl der Geschenke überließen die Gastgeber nicht dem Zufall. Sie hatten vielmehr sehr genaue Vorstellungen, die sie gern vorab auch den Gästen mitteilten. "Alles wurde ausdrücklich angefordert", sagte Klein aus. Meist waren das Zigarren für ihn und Champagner für die Dame. Doch Sara Netanjahu, die beim Ausbleiben der Lieferungen offenbar sehr ungehalten werden konnte, hatte bisweilen auch ein paar Extrawünsche. Bei Milchan bestellte sie demnach einen speziellen Ring und eine Halskette. Auch Armbanduhren des Premiers übergab sie mit dem Auftrag, neue Batterien einbauen zu lassen.

Das ging so über viele Jahre und mit großer Regelmäßigkeit. Laut Anklageschrift summierte sich das für Milchan zwischen 2011 und 2016 auf umgerechnet rund 75 000 Euro für Zigarren, gut 50 000 Euro für Champagner und mindestens 3000 Euro für Schmuck. Packer versorgte die Netanjahus demnach zusätzlich mit Zigarren und Champagner für 65 000 Euro.

Netanjahus Anwälte stellen das alles als Freigiebigkeit unter Freunden dar. Doch es gab offensichtlich auch ein paar Gegenleistungen. So half Netanjahu der Aussage von Klein zufolge Milchan dabei, ein neues Zehn-Jahres-Visum für die USA zu bekommen. Überdies soll er sich beim Finanzminister für eine Steuerregelung eingesetzt haben, von der Milchan profitiert hätte.

Finanzminister war damals übrigens Jair Lapid, der nun als Übergangspremier amtiert. Auch er soll später noch als Zeuge im Prozess gegen Netanjahu aussagen. Doch das wird sicher erst nach der am 1. November anstehenden Neuwahl sein. Der Prozess wird den Wahlkampf begleiten, und Netanjahu muss wohl noch mit einer Vielzahl negativer Schlagzeilen rechnen. Viel Eindruck allerdings scheint das auf Israels Wähler nicht zu machen. In den Umfragen dieser Woche hat Netanjahu noch einmal zugelegt.

Zur SZ-Startseite

SZ PlusIsrael und Iran
:Der Schattenkrieg zwischen Israel und Iran droht zu eskalieren

Im Konflikt der beiden Erzfeinde bleiben die Angreifer meist im Verborgenen. Nun aber will Israel den "Kopf des Oktopus" in Iran attackieren, Teheran bedroht offenbar israelische Touristen im Ausland. Und der Zeitpunkt ist kein Zufall.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: