Israel:Alle Karten in der Hand

Benjamin Netanjahu soll wieder einmal eine Regierung bilden. Doch ein Ende der politischen Krise ist damit nicht in Sicht. Die Vereinbarung zwischen Likud und Blau-Weiß gleicht lediglich einem Abkommen zum Waffenstillstand.

Von Alexandra Föderl-Schmid

Nach eineinhalb Jahren und drei Wahlen ist das politische Patt in Israel beendet und Benjamin Netanjahu steht vor einer weiteren Amtszeit als Regierungschef. Kurz vor Ablauf der Frist in der Nacht auf Freitag haben 72 Abgeordnete ein Dokument unterzeichnet, in dem sie fordern, Netanjahu mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Der Politiker des rechtsnationalen Likud sicherte sich damit die Mehrheit der Stimmen der 120 Abgeordneten. Präsident Reuven Rivlin erteilte anschließend dem 70-Jährigen das Mandat, der bereits auf 14 Jahre Amtszeit kommt. Die Abgeordneten seines bisherigen Koalitionspartners Jamina unterschrieben nicht für Netanjahu. Damit dürfte die den Siedlern nahestehende Partei der neuen Regierung nicht angehören. Ihr Vorsitzender Naftali Bennett forciert in seinen letzten Tagen als Verteidigungsminister den Siedlungsbau. Er kündigte den Bau von 7000 Wohnungen in der Siedlung Efrat an.

Höchstes Gericht berät über Petitionen gegen Netanjahu

Es läuft für ihn: Israels oberstes Gericht befand, dass Benjamin Netanjahu wieder regieren darf, und der Präsident erteilte ihm das Mandat.

(Foto: Gali Tibbon/dpa)

Am 13. Mai soll die neue Regierung vereidigt werden, der neben Netanjahus Likud und der von Benny Gantz geführten blau-weißen Gruppe noch die Arbeitspartei sowie die ultraorthodoxen Parteien Schas und Vereinigtes Tora-Judentum angehören sollen. Jochanan Plesner, Präsident des israelischen Demokratie-Instituts, hält es für möglich, dass Netanjahu die Vereinbarung mit Gantz noch platzen lässt und sich einen anderen Koalitionspartner sucht: "Wenn er das Mandat zur Regierungsbildung vom Präsidenten erhält, hat er alle Karten in der Hand." Die Vereinbarung zwischen Likud und Blau-Weiß sei ein politisches Abkommen, aber nicht bindend. Auch mit einer neuen Regierung sei die politische Krise nicht beendet. Die Vereinbarungen zeigten, wie groß das Misstrauen zwischen Netanjahu und Gantz sei. "Das ist ein Waffenstillstandsabkommen."

Die Vereinbarung sieht ein Rotationsmodell vor: Nach eineinhalb Jahren soll Netanjahu den Posten des Ministerpräsidenten für Gantz räumen, der bis dahin Verteidigungsminister ist. Die Abgeordneten stimmten am Donnerstag über mehrere Gesetzesänderungen ab, die der Koalition den Weg ebnen soll. In den eigenen Reihen gibt es aber weiter Widerstand gegen diese Koalition, für die Gantz sein Wahlversprechen, nie mit Netanjahu in einer Regierung sein zu wollen, gebrochen hat.

Zuvor hatte das Oberste Gericht den Weg für eine weitere Amtszeit freigemacht. "Wir fanden keinen rechtlichen Grund, Ministerpräsident Netanjahu an der Bildung einer Regierung zu hindern.", Die Richter betonten jedoch: "Die rechtliche Schlussfolgerung schmälert nicht die Schwere der anhängigen Vorwürfe gegen Netanjahu wegen Verstößen gegen moralische Integrität sowie die Problematik, die sich für die Amtszeit eines Ministerpräsidenten ergibt, der krimineller Aktivität beschuldigt wird."

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