Süddeutsche Zeitung

Islamkonferenz:Scharfe Töne zur Feierstunde

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Die Islam-Verbände fühlen sich zunehmend an den Pranger gestellt, Innenminister Thomas de Maizière will mehr über Sicherheit reden.

Die deutschen Islam-Verbände fühlen sich zunehmend an den Pranger gestellt. Es sei falsch, "Muslime als Vertreter ausländischer Mächte zu brandmarken und ihnen ihre Vertretungsrolle so abzusprechen", sagte der Generalsekretär der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib), Bekir Alboga, am Dienstag bei einem Festakt zum zehnjährigen Bestehen der Deutschen Islamkonferenz (DIK) in Berlin. Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime (ZMD), Ayman Mazyek, sprach von einem ungerechten "Misstrauensdiskurs" und einem "Extremismusvorbehalt". Die Anerkennung der islamischen Religionsgemeinschaften als Körperschaft des öffentlichen Rechts, wie die Kirchen, sei ein "Anspruch", der sich aus dem Grundgesetz ableite und deshalb notfalls auch eingeklagt werden könne. Die Buchautorin Sineb El Masrar sagte, unter dem Dach des ZMD finde man "sehr viel Ideologie der Muslimbruderschaft".

Der Gastgeber der Feierstunde, Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), übte seinerseits Kritik an den Verbänden: "Politische Einflussnahme aus dem Ausland auf Deutschland unter Berufung auf die Religion können wir nicht akzeptieren." Der Minister sagte aber auch, er sei nicht bereit, die über Jahrzehnte erfolgreiche Arbeit von Ditib in Deutschland wegen der kritischen Debatte der vergangenen sechs Monate "in die Tonne zu kloppen".

Zuletzt waren mehrere Landesregierungen auf Distanz zu Ditib gegangen. Grund war unter anderem die Haltung einiger Ditib-Vertreter zu den innenpolitischen Spannungen in der Türkei nach dem Putschversuch. Nachdem die türkische Regierung die Armenien-Resolution des Bundestages scharf kritisiert hatte, war die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), von einer Ditib-Veranstaltung ausgeladen worden.

De Maizière sagte, er könne verstehen, dass viele Muslime in Deutschland keine Lust hätten, sich für jeden Terroranschlag, der unter Berufung auf den Islam verübt werde, persönlich zu entschuldigen. Von den islamischen Verbänden erwarte er aber mehr. "Ich halte es für ratsam, die Sicherheitsdebatte künftig wieder intensiver und auch öffentlich zu führen", fügte er hinzu. Die Integrationsbeauftragte der Linke-Bundestagsfraktion, Sevim Dagdelen, sagte: "Mit der Islamkonferenz hofiert die Bundesregierung ausgerechnet reaktionäre islamistische Kräfte."

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SZ vom 28.09.2016 / dpa
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