Süddeutsche Zeitung

Islamisten in Wuppertal:NRW verbietet "Scharia-Polizei"-Westen

Nach dem Auftritt einer selbsternannten "Scharia-Polizei" in Wuppertal kündigt die nordrhein-westfälische Landesregierung polizeiliche Schritte an. Der Zentralrat der Muslime distanziert sich von der "völlig unsinnigen Aktion" ein paar "Halbstarker".

  • NRW-Innenminister Jäger kündigt ein hartes Vorgehen gegen Salafisten an, die mit Warnwesten mit dem Aufdruck "Scharia-Polizei" für die Einhaltung strenger islamischer Glaubensvorschriften geworben und Bürger verunsichert hatten. Das Tragen solcher Westen ist ab sofort verboten.
  • Der Zentralrat der Muslime bezeichnet die Islamisten als "Halbstarke" und wirft ihnen vor, der muslimischen Religion zu schaden.

NRW stellt "Scharia-Polizei"-Westen unter Strafe

Nordrhein-Westfalen stellt das Tragen der sogenannten "Scharia-Polizei"-Westen unter Strafe. Innenminister Ralf Jäger (SPD) sagte am Samstag in der Fernsehsendung Aktuelle Stunde des WDR, er habe hierzu am Nachmittag einen polizeilichen Erlass herausgegeben. Die Polizei sei angewiesen, "gegen solche Möchtegern-Streifen mit allen polizeilichen Mitteln vorzugehen". Das umfasse die Identitätsfeststellung und das Wegnehmen der Westen oder anderer Dinge, die den Polizeinamen missbrauchen. Die Polizei werde wegen Amtsanmaßung, Amtsmissbrauch, Nötigung und Verstoß gegen das Unifomierungsgesetz ermitteln.

Nicht von Religionsfreiheit gedeckt

Jäger begründete sein Vorgehen damit, dass das Handeln der Beteiligten nicht mehr vom Grundrecht auf Religionsfreiheit gedeckt sei. "Menschen zu missionieren, zu nötigen, im öffentlichen Bild als Polizei, als Streife aufzutreten", habe die Menschen so sehr verunsichert, dass die Wuppertaler Polizei ein Bürgertelefon eingerichtet habe. Zur Forderung von Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) nach einem Verbot der "Scharia-Polizei" sagte Jäger in dem Interview, man könne keine Gesinnung verbieten. Allerdings lasse man in NRW Parallelstrukturen und Paralleljustiz keinesfalls zu. "Das ist eine Provokation des Rechtsstaates. Der Rechtsstaat hat heute geantwortet."

Polizeibekannte Salafisten

Eine selbsternannte "Scharia-Polizei" war nachts mehrfach durch Wuppertal patrouilliert. Die Islamisten trugen orangefarbene Westen mit dem Aufdruck "Shariah Police" und versuchten nach Polizeiangaben, junge Leute "zu beeinflussen und anzuwerben". Die Islamisten hatten mit gelben Verbotshinweisen den Anspruch auf eine "Shariah Controlled Zone" (Scharia-kontrollierte Zone) erhoben. Darauf sind Verhaltensregeln der radikalen Muslime festgehalten: kein Alkohol, kein Glücksspiel, keine Musik und Konzerte, keine Pornografie und Prostitution, keine Drogen.

Es soll sich um polizeibekannte Anhänger der Salafisten-Szene gehandelt haben. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hatte es zunächst rechtlich keine Handhabe gegeben, die Westen sicherzustellen. Festgenommen wurden die Männer im Alter von 19 bis 33 Jahren deshalb nicht. Gegen elf Personen wurde aber ein Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz eingeleitet. Auch der Tatbestand der Nötigung wird geprüft.

Zentralrat der Muslime verurteilt "Scharia-Polizei"

Die Bundesregierung will das Auftreten selbsternannter radikalislamischer Sittenwächter in Deutschland nicht hinnehmen. "Die Scharia wird auf deutschem Boden nicht geduldet. Niemand darf sich anmaßen, den guten Namen der deutschen Polizei zu missbrauchen", sagte Innenminister Thomas de Maizière (CDU) der Bild-Zeitung. Justizminister Heiko Maas (SPD) betonte: "Für die Durchsetzung von Recht und Gesetz ist allein der Staat verantwortlich."

Auch der Zentralrat der Muslime stellt sich hinter das Vorgehen der deutschen Ordnungshüter. Der Vorsitzende Aiman Mazyek verurteilte die Aktion in Wuppertal scharf. "Diese paar Halbstarken sprechen nicht in unserem Namen", sagte er dem Tagesspiegel am Sonntag. "Diese Leute betreiben eine Zweckentfremdung unserer Religion. Sie schaden mit dieser schrillen und völlig unsinnigen Aktion den Muslimen ungemein."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2118897
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
Süddeutsche.de/AFP/dpa/mahu/jobr
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.