Islamismus:Deutschlands Dschihad-Lautsprecher

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Die "Globale Islamische Medienfront" veröffentlicht islamistische Videos mit deutschen Untertiteln. Sie wendet sich nicht nur an deutschsprachige Islamisten, sondern scheint auch hier verwurzelt zu sein.

Marius Meyer

Viel Aufmerksamkeit bekommt derzeit die Internetseite der "Globalen Islamischen Medienfront", kurz: GIMF. In dem Internet-Blog tauchten in der Vergangenheit viele islamistische Videos auf. Vor knapp zwei Wochen wurde dort das Video veröffentlicht, in dem die im Irak entführten Deutschen um Hilfe flehen, während die Entführer, die sich "Brigade der Pfeile der Rechtschaffenheit" nennen, mit ihrer Ermordung drohen.

Plattform für Islamisten: die Webseite der "Globalen Islamischen Medienfront" (Foto: Screenshot: sueddeutsche.de)

Wenige Stunden später war dort das Video zu finden, in dem Deutschland und Österreich Anschläge angedroht wurden, wenn die Soldaten der Länder nicht aus Afghanistan abgezogen werden.

Dieses Video wurde mit deutschen Untertiteln versehen, die nur an wenigen Stellen holprig formuliert waren. Sicherheitsexperten gingen deshalb sehr bald davon aus, dass das Video in einem deutschsprachigen Land nachbearbeitet wurde.

Auch kannten sich die Urheber mit der Innenpolitik Österreichs aus. Sie empfahlen der Regierung Gusenbauer, ihr Wahlversprechen zu halten und die Studiengebühren abzuschaffen, anstatt Geld für den Einsatz in Afghanistan auszugeben. Spiegel TV gelang es einmal, einen GIMF-Mitarbeiter vor der Kamera zu interviewen. Der Mann sprach mit Wiener Akzent.

"Hindernisse des Dschihad"

Jetzt tauchten bei GIMF weitere Videos auf. Es sind alte Videos, aber alle wurden deutsch untertitelt. Zwei zeigen Aiman al-Zawahiri. Der Vize-Chef des Terrornetzwerkes al-Qaida berichtet in einem der Beiträge in einer Audio-Botschaft über die "Hindernisse des Dschihad".

Es wird vor allem der Afghanistankonflikt behandelt und der Widerstand der Taliban gegen die internationalen Truppen, die "Kreuzfahrer" aus Ost und West gepriesen. Damit will al-Zawahiri daran erinnern, dass die Mudschaheddin die sowjetische Armee aus dem Land vertrieben. Zweck ist es offensichtlich die eigenen Anhänger zu ermutigen und ihnen ideologisches Rüstzeug zu geben für ihren Kampf.

Das zweite Stück ist ein Interview mit al-Zawahiri, das anlässlich des vierten Jahrestages der Anschläge vom 11. September aufgenommen wurde. Das Logo des "Senders", der sich "Die Gefährten" nennt (gemeint sind die ersten Anhänger Muhammads), erinnert an al-Dschasira, wie auch der Nachrichten-Ticker, der am unteren Bildrand läuft. Das soll Professionalität ausdrücken.

Rechtfertigung von Anschlägen

In dem Gespräch berichtet al-Zawahiri über die Zeit nach dem 11. September und die Kriege, die seitdem geführt werden. Diese "Kreuzzüge" seien Fehlschläge, in dem die westlichen Armeen nichts erreicht hätten und nur Schläge eingesteckt hätten.

Ein drittes Video zeigt Osama bin Laden, der in einem - so behauptet die GIMF - in einem Interview mit einem al-Dschasira-Journalisten kurz nach dem 11. September die Anschläge rechtfertigt.

Außerdem wurden in den vergangenen Wochen das "Testament" der Attentäter von London und mehrere Videos, die Angriffe auf amerikanische Soldaten im Irak zeigen, auf die Homepage gestellt.

Im Gegensatz zu dem Entführungsvideo und der Drohung gegen Deutschland und Österreich, richten sich diese Videos nicht an die Mehrheitsgesellschaft oder an die westliche Politik. Sie sind adressiert an die Anhänger und Sympathisanten der Qaida im deutschsprachigen Raum.

Sie sollen durch die Reden der Terror-Chefs und die Taten der Kämpfer im Irak angestachelt werden gegen die Gesellschaften, in denen sie leben. Und gewonnen werden für den Krieg gegen die "Feinde des Islam".

Da die wenigsten Muslime in Deutschland arabischer Herkunft sind, beziehungsweise kein Hocharabisch sprechen, werden die Botschaften in der Sprache des Landes untertitelt, in dem die Adressaten leben.

Außerdem zeigen die Aktivitäten der GIMF, dass es Islamisten gibt, die sehr gut Deutsch sprechen - wahrscheinlich in Deutschland oder Österreich leben - und in islamistische Netzwerke eingebunden sind.

Auch bei der GIMF scheinen nicht alle Beteiligten ausreichend Hocharabisch zu sprechen. Sie haben sich bei der Übersetzung ins Deutsche anscheinend an den englischen Untertiteln orientiert, die im Hintergrund erkennbar sind, und nicht an dem auf Arabisch gesprochenen Wort. Auch das ein Hinweis, dass die Lautsprecher des Dschihad im deutschsprachigen Raum leben oder gelebt haben.

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