Islamistischer Terror:Mit Waffen ist der IS nicht zu besiegen

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Männer mit IS-Flaggen auf einem Screenshot eines Propagandavideos (Foto: AFP)

Ein Jahr nach der Eroberung von Mossul hat die Welt noch kein Mittel gegen den IS-Terror gefunden. Die USA und ihre Verbündeten sollten dabei nicht nur auf Waffen setzen.

Kommentar von Tomas Avenarius

Es gibt Jubiläen, die sind Trauertage. Der Jahrestag des ersten großen Sieges der Terrormiliz Islamischer Staat zählt dazu. Vor zwölf Monaten eroberten die sunnitischen Militanten im Handstreich die irakische Metropole Mossul, massakrierten Soldaten und Bewohner, sprengten Heiligenschreine in die Luft, versklavten oder vertrieben Schiiten, Christen und Säkulare.

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Vor einem Jahr rief der selbsternannte "Kalif" al-Baghdadi den "Islamischen Staat" aus. Seither gibt es immer neue Schreckensmeldungen. BBC-Videos zeigen den Alltag unter der Schreckensherrschaft der Fundamentalisten.

Das syrisch-irakische Gebilde, das der "Kalif Ibrahim" - der Führer der Extremisten - zu einem vermeintlich von Allah gesegneten Gemeinwesen ausrief, ist ein echter Mafiastaat. Andersgläubige und Andersdenkende werden dort nach Belieben und bestialisch ermordet, Frauen als Sklavinnen verkauft, jahrtausendealte Kulturgüter zertrümmert. Der Islamische Staat scheint für den Untergang des Morgenlands und die Deformation des Islam als Weltreligion zu stehen.

Das Staatengebäude der arabischen Welt wankt

Der frühere israelische Präsident Schimon Peres hat die Vorgänge im Nahen Osten so charakterisiert: "Wir beobachten die Götterdämmerung der klassischen arabischen Welt." Peres könnte recht haben. Wobei der Siegeszug des IS weniger Ursache als Symptom ist für den Zerfall einer politischen und kulturellen Einheit, die über Jahrzehnte ein problematischer, aber gewichtiger Baustein des internationalen Gefüges war: die arabische Welt mit ihren von Grenzen, Staaten und Ideologien, so wie sie nach dem Ende des Ersten Weltkriegs entstanden (oder von den Großmächten geschaffen worden) ist. Dieses Staatengebäude zerbröckelt schon seit Längerem, besonders rasant und blutig aber seit dem Beginn des arabischen Aufstands.

So betrachtet ist es folgerichtig, dass dem IS militärisch nur schwer beizukommen ist. Nicht einmal eine von der Weltmacht USA geführte Koalition kann die Militanten bisher mit ihren Luftangriffen stoppen, ein Bodeneinsatz ausländischer Truppen wäre ebenso wenig ein Erfolgsrezept. Wirkungsvoll entgegentreten könnten den Kohorten des Kalifen nur die Armeen jener Staaten, die vom IS derzeit zerstört werden.

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Mit gutem Grund rückt der Kalif im Irak, in Syrien oder in Libyen vor: Es sind die vom arabischen Zerfallsprozess am stärksten in Mitleidenschaft gezogenen Länder; Staaten ohne legitime Regime, ohne überzeugendes nationalstaatliches Fundament, ohne Bürgergesellschaften, zerrissen von Bürgerkriegen.

Auch Obama hat keine Strategie gegen den IS

US-Präsident Barack Obama hat eingeräumt, dass es an einer Strategie gegen den IS fehlt. Dennoch denkt er eher an Waffen denn an Politik, er will nun die sunnitischen Stämme im Irak aufrüsten. Es braucht aber keine Gewehre für Clans, aus denen Milizen werden. Es bedarf einer Zentralregierung in Bagdad, die als Vertreterin aller Bürger und Religionsgruppen für deren Schutz kämpft, statt ethnische oder religiöse Gruppen aufeinanderzuhetzen. Dasselbe gilt für Libyen, Syrien, Jemen.

Wenn Schimon Peres recht haben sollte mit seiner arabischen Götterdämmerung, kann die Außenwelt nur hilflos zuschauen. Bis zum Beweis jedoch sollten es USA und Araber mit einem klugen Mix aus Militär und echter Politik versuchen.

© SZ vom 12.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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