Islamischer Staat:Der Mann, der den Drahtziehern der Pariser Anschläge half

Islamischer Staat: Trauer und Zerstörung: Bei den Attacken in der Pariser Innenstadt im November 2015 starben 130 Menschen.

Trauer und Zerstörung: Bei den Attacken in der Pariser Innenstadt im November 2015 starben 130 Menschen.

(Foto: Kenzo Tribouillard/AFP)
  • Bilal C. sitzt seit April 2016 in Aachen in Untersuchungshaft. Im wird vorgeworfen, Terroristen des Islamischen Staat geholfen zu haben, nach Europa zu kommen.
  • Darunter waren offenbar auch die Hintermänner der Anschläge von Paris.
  • In seinem Geständnis gab Bilal C. Auskunft, wie er die Balkanroute ausspähte. Und den Terroristen Tipps zu Hotels, Fähren oder Gebetszeiten in Griechenland gab.

Von Lena Kampf und Georg Mascolo

Allein hätte Bilal C. den "Islamischen Staat" nicht verlassen dürfen, doch "Omar" hatte alles geregelt. Zum Abschied bekam der junge Algerier C. von "Omar" 5000 Euro ausgehändigt - und einen Auftrag: In Istanbul werde er auf einen Mann namens "Al Andalusi" treffen. Bilal C. solle ihn sicher nach Europa lotsen.

"Omar" setzte viel Vertrauen in Bilal C., einen jungen algerischen Schlepper, fast noch ein Kind, der, als sie sich ein halbes Jahr zuvor in der Türkei kennengelernt hatten, stets kiffte, trank und rauchte. "Omar" hatte ihn erst zum Beten gebracht, dann zum Islamischen Staat. Und nun sollte der Junge als Scout dafür sorgen, dass "Omar" und sein Freund "Al Andalusi" sich unauffällig unter die Masse der Flüchtlinge mischen konnten, die zu der Zeit auf der Balkanroute unterwegs waren.

Seit April 2016 in Haft

"Omar" hieß eigentlich Abdelhamid Abaaoud, ein Belgier marokkanischer Herkunft und einstiger Kleinkrimineller. Er wurde zu diesem Zeitpunkt, im Juni 2015, bereits international als gefährlicher Terrorist gesucht. Trotzdem gelang es ihm, auch mit der Hilfe von Bilal C., unbemerkt erst nach Belgien und dann nach Frankreich einzureisen, wo er im November 2015 die Anschläge von Paris orchestrierte.

Ebenso wie der von Bilal C. über die Balkanroute geschleuste "Al Andalusi", eigentlich Ayoub El Khazzani. Kurz nachdem Bilal C. und er Anfang August 2015 Belgien erreicht hatten, stieg El Khazzani in Brüssel in einen Thalys-Schnellzug und schoss mit einer Kalaschnikow, bis er von mehreren Passagieren überwältigt wurde.

Ob Bilal C. wegen seiner Hilfestellung zu diesen Terrortaten in Deutschland oder in Frankreich vor Gericht gestellt wird, soll in den nächsten Wochen entschieden werden. C. sitzt seit April 2016 in Aachen in Haft, zunächst war er wegen Ladendiebstahl aufgefallen, es ging um Schuhe und Kosmetika - doch dann machten ausländische Behörden die deutschen auf seine Facebook-Kommunikation mit Abaaoud aufmerksam.

Seit Juli 2016 wird gegen ihn als Terrorhelfer ermittelt - doch nach Informationen von Süddeutscher Zeitung, WDR und NDR ist bei der Generalstaatsanwaltschaft in Köln ein Auslieferungsersuchen aus Frankreich eingegangen, das am Freitagmorgen vor dem Oberlandesgericht Köln verkündet wurde. Sehr wahrscheinlich ist, dass keine deutsche Instanz sich gegen die Überstellung wenden wird: Die Anschläge von Paris waren ein Massaker mit 130 Toten und mehr als 350 Verletzten - schon deshalb würde man der französischen Justiz den Vortritt überlassen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema