Süddeutsche Zeitung

IS-Tötung von jordanischem Piloten:Entsetzen, Wut und Trotz

Lesezeit: 3 min

Analyse von Paul-Anton Krüger, Kairo

Jordanien steht unter Schock nach der grausamen Ermordung des Piloten Moaz al-Kasasbeh durch die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Aber in die Trauer mischt sich Trotz.

König Abdallah brach nach einem Treffen mit US-Präsident Barack Obama seinen Washington-Besuch ab; in der Heimat schwor derweil das Militär, den Ermordeten zu rächen - das "Blut unseres Helden und Märtyrers wird nicht umsonst vergossen worden sein", sagte ein Sprecher der Streitkräfte.

Am frühen Morgen exekutierte Jordanien die 2006 rechtskräftig zu Tode verurteilten Terroristen Sadschida al-Rischawi ( hier ein SZ.de-Porträt) und Ziad al-Karbouli, die beide Mitglieder von al-Qaida im Irak gewesen sein sollen und an der Planung und Ausführung einer Serie von Selbstmordattentaten im November 2005 auf Hotels in Amman beteiligt waren, bei denen 57 Menschen ums Leben gekommen waren.

Die Dschihadisten hatten gedroht, den 26 Jahre alten Hauptmann zu töten, sollte al-Rishawi nicht gegen einen japanischen Journalisten ausgetauscht werden, der sich ebenfalls in IS-Geiselhaft befand. Die Exekution weiterer zum Tode verurteilter Dschihadisten ist angekündigt.

Große Solidarität in Jordanien mit Piloten-Familie

Die Terroristen des Islamischen Staats werden kaum ihr Ziel erreichen, den Willen der internationalen Allianz zu brechen, die unter der Führung der USA im Irak und in Syrien gegen die Dschihadisten-Miliz kämpft.

In Jordanien, wo die Beteiligung an dem Einsatz gegen den IS zunächst nicht sonderlich populär in der Bevölkerung war, haben sich schon in den vergangenen Tagen die Reihen in nationaler Solidarität mit der Familie des Piloten geschlossen. Und die Solidarität wird weit über die Grenzen des kleinen Königreichs hinausgehen.

Die monströse Tat entsetzt in der arabischen Welt die Menschen ebenso wie in anderen Teilen der Welt. Zwar bejubeln Dschihadisten im Internet den Flammentod des Jordaniers - doch könnte die Grausamkeit des IS einiges von der verbliebenen Sympathie und Unterstützung selbst unter radikalen Islamisten kosten.

Nicht zuletzt al-Qaida, nicht gerade als Hort der Humanität bekannt, hatte sich mit religiös verbrämten Begründungen von den Geisel-Tötungen der konkurrierenden Terroristen des Islamischen Staats distanziert.

USA bislang zurückhaltend mit Rettungseinsätzen

Allerdings hatten die Vereinigten Arabischen Emirate seine Einsätze eingestellt, nachdem al-Kasasbeh am 24. Dezember mit seinem F-16-Kampfjet über von IS kontrolliertem Gebiet nahe der syrischen Stadt Raqqa niedergegangen war. Die Emirate, eines der arabischen Länder, die sich an den Luftangriffen beteiligen, hatten anfangs mehr Missionen geflogen als jedes andere Mitglied in der Koalition.

Sie forderten von den USA, in Kuwait stationierte Senkrechtstarter vom Typ V-22 Osprey in den Nordirak zu verlegen, damit sie von dort aus Rettungsmissionen fliegen können, sollte ein Pilot über Syrien abstürzen.

Die USA waren mit solchen Missionen bislang äußerst zurückhaltend und hatten auf den Einsatz eigener Agenten und Spezialkräfte in Syrien verzichtet, weil anders als etwa bei der Kommandoaktion gegen Osama bin Laden in Pakistan keine Infrastruktur zur Rettung eigener Kräfte zur Verfügung stand.

Zwar fliegen die Jets der Allianz so hoch, dass sie außerhalb der Reichweite von schultergestützten Luftabwehrraketen sind, aber technische Defekte sind dadurch nicht ausgeschlossen. Die USA hatten zwar zu bedenken gegeben, dass die IS-Milizionäre al-Kasasbeh wenige Minuten nach seinem Absturz gefangen genommen hatten und für eine Rettungsmission keine Zeit geblieben wäre.

Dennoch war es zu erheblichen Verstimmungen in der Koalition gekommen. Washington hatte die sunnitischen arabischen Staaten gedrängt, sich in führender Rolle am Kampf gegen die sunnitischen Dschihadisten zu beteiligen. Die USA wollten nicht nach dem Rückzug aus dem Irak erneut als Invasoren oder gar Aggressoren in der Region wahrgenommen werden.

US-Präsident Obama bekräftigte, die grausame Tat des IS werde die internationale Koalition dazu bringen, ihre "Wachsamkeit und Entschlossenheit zu verdoppeln", um die Dschihadisten endgültig zu besiegen.

Die USA wollen ihre Wirtschafts- und Militärhilfe für Jordanien im Zeitraum 2015 bis 2017 auf umgerechnet 2,59 Milliarden Euro erhöhen. Sollte der Kongress in Washington der Summe zustimmen, würden die Zuwendungen der USA an Amman fast verdoppelt.

Das Königreich sei ein "standfester und stabiler Verbündeter in einer der Weltgegenden mit den meisten Herausforderungen", sagte US-Außenminister John Kerry, der sich am Dienstag ebenfalls mit Abdallah II. getroffen hatte.

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