IS-Terror:Angebliches IS-Dokument beschreibt "legalen" Missbrauch von Frauen

  • Ein Dokument, das der US-Armee in die Hände gefallen sein soll, belegt offenbar den systematischen Missbrauch von jesidischen Frauen durch die IS-Terrormiliz.
  • IS-Ideologen definieren darin, wann sexueller Missbrauch in ihren Augen "legal" ist.
  • Möglicherweise versucht der IS, mit den Regeln Übergriffe einzudämmen.

Von Christoph Meyer

Gebote und Verbote für den Umgang mit Opfern

Ein neues Dokument belegt offenbar den systematischen Missbrauch von jesidischen Frauen und Mädchen im Territorium der IS-Terrormiliz. Das angebliche islamische Rechtsgutachten, eine sogenannte Fatwa, soll der US-Armee im Mai in Syrien in die Hände gefallen sein und liegt der Nachrichtenagentur Reuters in Auszügen vor.

Das englischsprachige Regelwerk, das von einem "Komitee für Forschung und Fatwas" herausgegeben wurde, beantwortet in fünfzehn Punkten, unter welchen Umständen der Sex mit "Sklavinnen" nach islamischem Recht erlaubt sein soll. Vorgeblich ist das Schreiben die Antwort auf einen Fragenden, der über Rechtsverletzungen, die "einige Brüder" gegenüber "weiblichen Sklaven" begangen hätten, klagt und um "Warnungen" bittet.

Was dann folgt, ist eine Aufzählung von Umständen, die definieren, wann sexueller Missbrauch aus Sicht der Verfasser in Ordnung ist. So gestatten die IS-Ideologen beispielsweise ihren Anhängern, ausschließlich eigene Sklavinnen zum Sex zu zwingen.

Verboten ist demnach, dass ein Mann zwei Schwestern oder eine Mutter und ihre Tochter gleichzeitig als Sexsklaven hält. Die IS-Terroristen werden zudem dazu angehalten, ihren Opfern gegenüber Mitleid zu zeigen, freundlich zu sein, sie nicht zu demütigen und nicht zu Arbeiten zu zwingen, die sie nicht leisten können.

Möglicherweise Reaktion auf Übergriffe

Im April veröffentlichte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch Interviews mit 20 Frauen, die aus dem Herrschaftsgebiet des IS fliehen konnten. Demnach wurden Mädchen und junge Frauen nach der Eroberung ihrer Heimatorte von ihren Familien getrennt. Danach wurden sie an verschiedene Orte in Syrien und im Irak gebracht. Dort wurden sie teilweise mehrfach vergewaltigt und Opfer anderer Arten sexueller Gewalt sowie verschenkt oder verkauft.

Wissenschaftlern der Universität Bristol zufolge wurden bereits mindestens 2500 jesidische Frauen von der IS-Terrormiliz verschleppt. Die Angehörigen der religiösen Minderheit im Irak gelten den IS-Ideologen als Ungläubige.

Das jetzt in die Hände der US-Soldaten gefallene Fatwa-Dokument trägt die Nummer 64 und ist auf den 29. Januar 2015 datiert. Der IS-Experte Cole Bunzel von der amerikanischen Universität Princeton sieht in der Fatwa eine Reaktion der IS-Anführer auf Übergriffe, die sogar in ihren Augen gravierend seien.

Die Terrormiliz hatte sich bereits früher zu der Praxis der Sexsklaverei bekannt. In der vierten Ausgabe ihres Propaganda-Magazins Dabiq rechtfertigen die Propagandisten der Organisation die massenhafte Versklavung jesidischer Frauen mit angeblich einschlägigen islamischen Rechtsquellen.

Im September 2014 hatten mehr als 120 Islam-Gelehrte, darunter der Großmufti von Ägypten in einem offenen Brief an den selbst ernannten Kalifen der Terrormiliz Abu Bakr al-Baghdadi die Sklaverei als unislamisch bezeichnet.

(Mit Material von Reuters)

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